93. Plenarrede von Dr. Anja Weisgerber zur Novelle des Bundes-Klimaschutz­gesetzes

Rede im Deutschen Bundestag, 22. September 2023

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

 

Das Klimaschutzpaket, das wir 2019 als Union in der Großen Koalition verabschiedet haben, war ein großer Schritt nach vorne. Wir haben über 60 Maßnahmen in allen Sektoren auf den Weg gebracht im Dreiklang aus Technologie, Innovation und Anreizen. Anreize und Förderung sind aus unserer Sicht die zentralen Elemente für einen erfolgreichen Klimaschutz; denn damit können wir die Menschen beim Klimaschutz wirklich mitnehmen.

 

Was macht die Ampel? Sie stößt die Menschen mit Verboten wie im Heizungsgesetz vor den Kopf. Sie schafft viele unserer Fördermaßnahmen wieder ab oder kürzt sie.

 

(Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, zum Beispiel Förderungen von Gasheizungen! Es ist sinnvoll, dass wir die abschaffen, würde ich sagen!)

 

Das ist für mich absolut unbegreiflich, meine Damen und Herren.

 

(Beifall bei der CDU/CSU)

 

Nur zwei Beispiele: Der Umweltbonus für den Kauf von Elektroautos belief sich zu unserer Zeit auf bis zu 10 000 Euro. Aktuell gibt es deutlich weniger, und ab dem kommenden Jahr sinkt der Betrag noch weiter ab.

 

(Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Meine Güte!)

 

Elektrische Dienstwagen werden ab 2024 gar nicht mehr gefördert. Das schafft keinen Anreiz zum Kauf von Elektroautos, und die Zulassungszahlen gehen jetzt schon zurück.

 

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das regelt der Markt! - Weiterer Zuruf der Abg. Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

 

Stichwort „KfW-Förderung“. Hier sorgt Minister Habeck für maximale Verunsicherung durch Förderstopps. Zusätzlich erhöht er auch noch die Standards und damit die Vorgaben für die Förderung in kürzester Zeit immer weiter. So funktioniert Klimaschutz mit den Menschen eben nicht, meine Damen und Herren.

 

(Beifall bei der CDU/CSU)

 

Das war das erste Element des Pakets, die Fördermaßnahmen. Das zweite Element neben den Anreizen ist die Bepreisung; denn das ist das erfolgreichste Instrument zur Reduzierung von CO2-Emissionen.

 

(Olaf in der Beek (FDP): Ist es nicht! Das ist der Emissionshandel!)

 

Ab 2021 haben wir die CO2-Bepreisung auch für die Sektoren Wärme und Verkehr ausgeweitet, und wir haben dies dann auch nach Europa getragen. Wir haben den Emissionshandel im Brennstoffemissionshandelsgesetz mit einem moderaten Einstiegspreis eingeführt und einem kontinuierlichen Anstieg in kleinen Schritten. Und die Einnahmen - das ist das Entscheidende - aus der CO2-Bepreisung wurden gezielt für Entlastungen, für Fördermaßnahmen und Anreize für den Umstieg auf klimafreundliche Technologien verwendet. Diese Fördermaßnahmen haben Sie dann teilweise wieder abgeschafft.

 

Unser Konzept war ein stimmiges Konzept. Wir haben die Menschen mitgenommen. Sie haben sich begeistert auf den Weg gemacht.

 

(Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In welcher Welt leben Sie, Frau Weisgerber? Absurd!)

 

Sie haben zum Beispiel Wärmepumpen gekauft. Jetzt werden mehr Ölheizungen eingebaut. Das ist doch grotesk, meine Damen und Herren. Mit Ihrem Handeln erweisen Sie dem Klimaschutz in jeglicher Hinsicht einen Bärendienst.

 

(Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Absurd!)

 

Jetzt komme ich zum entscheidenden Kernelement unseres Pakets von 2019, für das wir von den Umweltverbänden übrigens sehr gelobt wurden: dem Klimaschutzgesetz. Damit hat Deutschland sich als erstes Land weltweit einen verbindlichen Fahrplan in Richtung Treibhausgasneutralität bis 2045 - für dieses Ziel haben wir übrigens sehr gekämpft; das haben wir eingeführt - gegeben.

 

(Peter Boehringer (AfD): In Richtung Deindustrialisierung! Da sind Sie ganz stolz drauf, ne?)

 

Wesentlicher Bestandteil im Gesetz sind eben die Sektorziele und das umfassende Monitoring mit der Pflicht zu Sofortmaßnahmen bei Zielverfehlung. Damit haben wir übrigens das Klimaziel 2020 erreicht, und nicht in erster Linie wegen Corona, meine Damen und Herren, sondern vor allen Dingen wegen dieser Klimaschutzinstrumente. Das ist doch die Wahrheit!

 

(Beifall bei der CDU/CSU)

 

Wir sind auch der Verpflichtung zu Sofortmaßnahmen bei Zielverfehlung nachgekommen. So hat zum Beispiel Horst Seehofer 2021 wegen der Zielverfehlung im Bereich Gebäude unter anderem die weitere Verbesserung der steuerlichen Absetzbarkeit von energetischen Sanierungen vorgelegt und weitere Maßnahmen auf den Weg gebracht.

 

(Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Seehofer hat nichts gemacht, was sinnvoll gewesen wäre! Das wissen Sie selbst! Das ist doch absurd!)

 

Sie, meine Damen und Herren von der Ampel, möchten sich diese Mühe nicht mehr machen.

 

(Zuruf von der CDU/CSU: Genau! - Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch absurd!)

 

Sie haben sich im letzten Jahr nicht auf Sofortmaßnahmen einigen können, und auch dieses Jahr haben Sie keine vorgelegt. Sie verstoßen damit gegen das Klimaschutzgesetz. Und jetzt wollen Sie den wirkungsvollen Kontrollmechanismus des Gesetzes auch noch aufweichen!

 

(Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ihr ganzes Parteiprogramm ist ein Verstoß gegen das Klimaschutzgesetz! - Gegenruf des Abg. Dr. Hendrik Hoppenstedt (CDU/CSU))

 

Keine Sektorziele mehr. Keine jährlichen Sofortprogramme mehr bei Zielverfehlungen. Erst nach zweimaligem Reißen der Klimaziele sollen perspektivisch mehr Anforderungen kommen.

 

Und jetzt kommt der absolute Hammer: Die sogenannte Fortschrittskoalition ändert das Gesetz so, dass in dieser Legislaturperiode keine Sofortmaßnahmen für den Klimaschutz mehr verabschiedet werden müssen.

 

(Dr. Klaus Wiener (CDU/CSU): Hört! Hört!)

 

Dabei sagen Minister Habeck und der Expertenrat schon heute voraus, dass das Klimaziel 2030 nicht erreicht wird.

 

(Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann tragen Sie doch mal bei!)

 

Man werde die Klimalücke nur zu 80 Prozent schließen können. Wir haben 2020 das Klimaziel zu 100 Prozent erreicht.

 

(Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Weisgerber, Sie wissen, dass das wegen Corona war!)

 

Sie schauen immer nur in die Vergangenheit. Machen Sie doch mal in der Gegenwart Ihre Hausaufgaben, sehr geehrte Damen und Herren der Ampel! Darauf werden wir auch in der weiteren Debatte pochen.

Vielen Dank.

 

(Beifall bei der CDU/CSU - Albert Stegemann (CDU/CSU): Sehr gut!)