Rede anlässlich der Eröffnung der Europawoche

Meine Damen und Herren, ich kann mir gut vorstellen, dass Sie nach 6 Reden schon etwas müde sind.
Daher steige ich mit einer Frage ein:
Was glauben Sie, war einer der wichtigsten Grundsteine für die EU?
Vor fast genau 60 Jahren wurde die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl gegründet.
Damit wurde Robert Schumans Vision eines vereinten Europas Wirklichkeit. 
Diese Vision hat er in der Schuman-Erklärung am 9. Mai, den wir als Europatag feiern, erstmals veröffentlicht.
Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl war die Basis für den Frieden in Europa.
Dieses Ziel haben wir seit nun fast sieben Jahrzehnten erreicht.
Seitdem herrscht im ehemals Hass erfüllten Europa Friede.
Deutschland und Frankreich sind zum Sinnbild des vereinigten Europas geworden, gelten sogar als Motor der europäischen Integration.
Sehr geehrte Frau Staatsministerin Müller, liebe Emilia,
Werte Ehrengäste, meine sehr geehrten Damen und Herren,
Europa ist für uns längst Teil des täglichen Lebens und bietet uns viele Vorteile:
Grenzenloses Reisen, Wohlstand, Schutz der Verbraucher und der Umwelt, wirtschaftliche Vorteile und eben nicht zuletzt Frieden.
Meine Damen und Herren, die Vorteile Europas sind allgegenwärtig und sie sind für uns leider oft schon zu selbstverständlich geworden.
Europa ist jedoch noch vielmehr!
Europa vereint die Völker und macht uns zu einem gleichwertigen Partner im Chor der großen Weltmächte USA, China, Russland.
Oder wie es die Schüler des Friedrich-Koenig-Gymnasiums formuliert haben:
„Die großen Probleme der Zukunft werden auf globaler Ebene entschieden. Diese verantwortungsvolle Aufgabe kann nur von Supermächten übernommen werden und Europa ist als geschlossene Einheit weltpolitisch konkurrenzfähig.“
Europa bietet viele Herausforderungen, aber auch Chancen.
„Europa geht uns alle an“, so lautet auch das Motto der diesjährigen Europawoche.
Und Europa bringt uns auch viel.
Dessen müssen wir uns bewusst werden.
Wussten Sie, dass jeder 5. bis 6. Arbeitsplatz in Deutschland vom europäischen Binnenmarkt abhängt?
Gerade Deutschland profitiert sehr stark vom Handel in der EU, wir exportieren mehr in andere EU-Mitgliedstaaten als in Drittländer!
Wenn wir grenzüberschreitend tätig sind, brauchen wir auch einen grenzüberschreitenden Verbraucherschutz.
Dazu gehört zum Beispiel Klarheit und Wahrheit beim Kennzeichnen von Lebensmitteln im europäischen Binnenmarkt.
Wir müssen die Rechte der Verbraucher weiter stärken.
Zum Beispiel indem wir etwa der Kundenabzocke im Internet ein Ende setzen und den überhöhten Kosten der Telefonhotlines einen Riegel vorschieben.
In  all diesen Bereichen wird die EU tätig und schützt die Verbraucher.
Ein Ziel der Europawoche ist es, genau auf diese Vorteile der EU hinzuweisen.
Und deshalb freue ich mich, heute bei der bayernweiten Eröffnung der Europawoche dabei zu sein.
Denn auch ich versuche in Gesprächen mit den Menschen vor Ort, in Bürgersprechstunden und bei meiner täglichen Arbeit mit den Vorurteilen gegenüber Europa aufzuräumen. 
Meine Damen und Herren, Konrad Adenauer sagte einmal:
„Die Einheit Europas war ein Traum weniger, sie wurde eine Hoffnung für viele und sie ist heute eine Notwendigkeit für alle.“
Kürzer und treffender kann man sich zu Europa nicht äußern.
Auch heute noch ist dieses Zitat aktueller denn je!
Wir brauchen die EU und die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Völkern.
Denn die Herausforderungen, denen sich die Menschheit stellen muss, sind ebenfalls grenzüberschreitend.
Viele Probleme können wir nur noch global lösen und die EU spielt hierbei eine wichtige Rolle!
Lassen Sie mich dies an 3 Beispielen fest machen: Die Euro- und Finanzkrise, die Sicherheitsfrage bei der Kernenergie sowie der Kampf gegen die Kinderpornografie.
Meine Damen und Herren, wer heute Europa hört, denkt sofort an die Eurokrise.
Gerade wir Deutschen haben Angst, dass wir die Zeche für Länder wie Griechenland, Irland und Portugal zahlen müssen.
An dieser Stelle betone ich zunächst: Die Euro-Krise ist keine Krise der EU, sondern in erster Linie eine Krise der nationalen Haushalte der Eurozone!
Die Lösung lautet: Wir müssen die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten koordinieren und Theo Waigels Stabilitäts- und Wachstumspakt konsequent anwenden.
Konkret heißt das, dass kein Mitgliedstaat über die Strenge schlagen darf.
Dazu macht die EU den Mitgliedstaaten jetzt konkrete Vorgaben, die sie auch einhalten müssen.
Aber die Eurokrise war nicht die einzige.
Erinnern Sie sich noch, als vor zwei Jahren die Fließbänder still standen und Kurzarbeit angesagt war?
Die Finanzkrise löste eine Wirtschaftskrise aus, die auch vor unserer Region kein Halt gemacht hat und viele bangten um ihre Arbeitsplätze.
Auch hier ist das Handeln Europas notwendig, denn der Finanzmarkt operiert grenzüberschreitend.
Europa hat von Beginn an schnell reagiert und ist handlungsfähig.
Wir haben bereits viele Gesetze für mehr Transparenz, Kontrolle und Aufsicht im Finanzmarkt auf den Weg gebracht und es werden noch weitere folgen.
Die EU schreibt den Banken in Zukunft vor, dass sie eine höhere Eigenkapitaldecke haben müssen.
Und die Managergehälter werden fortan gedeckelt. Denn es kann nicht sein, dass Bankenmanager auf unsere Kosten hochspekulative Geschäfte machen und dann große Boni abgreifen.
Es macht keinen Sinn, die Banken nur national zu kontrollieren.
Auch hier brauchen wir eine europäische Bankenaufsicht, die wir jetzt  geschaffen haben.
All dies sind Beispiele dafür, dass wir eine europäische Politik brauchen.
Meine Damen und Herren, ganz aktuell werden wir mit der Frage konfrontiert, wie wir die Sicherheit der Atomkraft europäisch, wenn nicht sogar weltweit gewährleisten können.
Unser Energiekommissar Oettinger sagte erst kürzlich, dass Europa für die Sicherheit nicht teilbar sei, egal ob die einzelnen Staaten Atomkraft nutzen oder nicht. 
Da hat er absolut Recht, denn die Auswirkungen einer Atomkatastrophe wie Fukushima machen an den nationalen Grenzen nicht halt.
Es macht überhaupt keinen Sinn, dass wir einen gemeinsamen Strommarkt, aber keine gemeinsamen Sicherheitsstandards haben.
Deshalb kämpfen wir für einheitliche Sicherheitskriterien Europa.
Ein weiteres Problem, das wir unbedingt auf europäischer Ebene bekämpfen müssen, ist die Kinderpornographie im Internet.
Was nützt es, wenn wir deutsche Seiten mit kinderpornografischem Inhalt sperren oder löschen, Seiten anderer EU-Staaten im world-wide-web aber weiterhin zugänglich sind?
Auch hier brauchen wir Lösungen, die weiterreichen als nur national.
Die EU hat hier eine verantwortungsvolle Aufgabe, die sie auch wahrnimmt.
Bald wird es eine Richtlinie geben, die alle Mitgliedstaaten der EU dazu zwingt, derart furchtbare Taten wirkungsvoll zu bekämpfen und solche Seiten ein für alle mal aus dem Netz zu löschen.
Meine Damen und Herren: Bei all diesen grenzüberschreitenden Herausforderungen  brauchen wir nicht weniger, sondern mehr Europa!
Wir brauchen mehr Europa im Großen und weniger im Kleinen!
Wir dürfen Europa nicht länger auf die Diskussionen über die Gurkenkrümmung oder die Glühlampe reduzieren.
Europa ist für uns die einzigartige Möglichkeit, die globalen Probleme zu überwinden.
Das sollte uns klar sein. 
Als Europaabgeordnete für Unterfranken stelle ich mich sehr gerne dieser Verantwortung.
Mit dem Vertrag von Lissabon hat das Europäische Parlament noch mehr Rechte gewonnen.
Bei fast jedem Gesetz ist nun die Zustimmung des Europäischen Parlaments notwendig.
Damit wachsen auch Ihre Rechte als Bürger, meine Damen und Herren.
Sie nehmen über uns, als gewählte Volksvertreter, direkten Einfluss.
Dies zeigt, Europa ist nicht fern, sondern ganz nah und betrifft uns alle.
Wir Europapolitiker sind Ihr Sprachrohr in Brüssel und geben Europa vor Ort ein Gesicht.
Wir können aber nur das Haus Europa bauen, Sie, die Bürger müssen es mit Leben füllen.
Damit Sie hierfür auch bei Kräften sind, entlasse ich Sie jetzt gerne nach so vielen Reden zum wohlverdienten Buffet.
Das ist zugleich eine gute Möglichkeit, die Vorteile und die Notwendigkeit Europas zu diskutieren.
Denn, um beim Motto der Veranstaltung zu bleiben, Europa geht uns alle an!
Vielen Dank.