Festrede zum 25-jährigen Jubiläum der Städtepartnerschaft Kahl am Main mit Villefontaine

Liebe Freunde der deutsch-französischen Freundschaft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren.
Mesdames et Messieurs.
Bienvenus en Basse Franconie, les amis de la France.
Car cette gentille fille ici va traduire ce que je vous présente je vais continuer en allemand.
J´espère que vous pouvez me suivre.
Die Einheit Europas war ein Traum weniger.
Sie wurde eine Hoffnung für viele.
Sie ist heute eine Notwendigkeit für alle.
Dieses Statement Konrad Adenauers wird häufig zitiert.
Aber es hat nichts von seiner Wahrheit, Prägnanz und Kraft verloren.
Meine Damen und Herren, Europa hat sich seit Adenauer weiterentwickelt.
Die Europäische Union als Wirtschafts- und Wertegemeinschaft ist heute selbstverständlicher Bestandteil unseres Lebens.

Unser politisches Europa ist größer geworden.
Der Eiserne Vorhang ist gefallen.
Und seit zwei Jahren hat die EU 10 neue Mitgliedstaaten.
Dies ist eine Entwicklung, die mit Sicherheit selbst die kühnsten Träume und Visionen der Gründerväter der Europäischen Gemeinschaften übertrifft.
Doch auch heute sind es Visionen und Notwendigkeiten in gleichem Maße, die die Fortentwicklung Europas vorantreiben.
Visionen, wie eine gemeinsame Verfassung mit der Grundrechtscharta als Ausdruck europäischen Selbstbewusstseins und europäischer Werte.
Notwendigkeiten, wie der gemeinsame Kampf gegen Umweltverschmutzung, Klimawandel oder internationalen Terrorismus.

Meine Damen und Herren, Europa wird oft kritisiert.
Manchmal zu Recht.
In vielen Fällen aber auch zu Unrecht.
In Ihrer Städtepartnerschaft erleben Sie persönlich den Wert Europas und die Freude, die aus dem Kontakt zu unseren europäischen Nachbarn entsteht.
Und das ist wichtig.
Europa und die EU sind unsere Zukunft.
Das ist heute keine Vision mehr.
Das ist eine Tatsache.
Denn in einer globalisierten Welt können wir uns alleine nicht mehr behaupten.
Ich sage Ihnen ganz deutlich:
Die EU ist auch Europas Antwort auf die Globalisierung.
Denn wir verbreiten unsere Werte – gerade auch im Arbeits- und Sozialrecht – in ganz Europa und behaupten uns damit auch im internationalen Wettbewerb.
Und wir können – zum Beispiel bei wichtigen Verhandlungen mit der Welthandelsorganisation – mit einer gemeinsamen Stimme sprechen.
Dies bedeutet nicht, dass wir alle gleich machen wollen.
Dies bedeutet auch nicht, dass wir weg von unseren nationalen Identitäten wollen.
Nein, ganz im Gegenteil.

Aber so, wie Sie in Ihrer Städtepartnerschaft in den Unterschieden zwischen Frankreich und Deutschland – zwischen Kahl und Villefontaine doch auch Gemeinsamkeiten erkennen.
So können wir auch zwischen den 25 Mitgliedstaaten der EU viel mehr Gemeinsamkeiten in Geschichte, Kultur, Politik, Sport und Gesellschaft finden, als viele es sich vorstellen.
Das macht den Reiz und die Anziehungskraft des gegenseitigen Austauschs aus.

Ich möchte als plastisches Beispiel für die Notwendigkeit der europäischen Zusammenarbeit die Umweltpolitik in der EU hernehmen.
In diesem Bereich bin ich als Mitglied des Umweltausschusses im Europäischen Parlament besonders engagiert.
Feinstaub, Kohlendioxid oder Umweltgifte, aber auch Hochwasser und verschmutztes Grundwasser machen an nationalen Grenzen nicht halt.
Wir – in Deutschland, aber auch in Frankreich – haben hohe Ansprüche an den Umweltschutz.
In einigen unserer europäischen Nachbarstaaten ist dies anders.
Von dort kommen dann verunreinigte Luft, Wasser oder auch Abfälle zu uns und wir haben die Probleme damit.
Oder aber die dortigen Betriebe können günstiger produzieren, da sie weniger Ausgaben für den Umweltschutz tätigen müssen.
Ähnliches gilt im Arbeits- und Sozialbereich.
Aber durch die Richtlinien und Verordnungen der EU erreichen wir, dass auch diese Staaten Umwelt schützende Maßnahmen ergreifen müssen.
Wir exportieren sozusagen unsere hohen Standards nach außen.
Damit schützen wir unsere Umwelt, unsere Gesundheit und letztlich auch unsere Unternehmen.

Aber warum erzähle ich Ihnen dies?
Insbesondere an einem Abend, an dem es um Städtepartnerschaften geht.
Ich möchte Ihnen aufzeigen, dass die EU wichtig ist für unser Zusammenleben.
Denn – und damit spanne ich den Bogen zum Thema – ohne Sie als Bürgerinnen und Bürger geht es nicht.
Wir als Politiker können nur die Rahmenbedingungen schaffen – wie ein Architekt sozusagen.
Sie – als die Menschen in Europa – müssen das Haus Europa dann gestalten und bewohnen.
Und dazu gehören eine Offenheit für Europa sowie der Wille und die Bereitschaft, sich auf die Gemeinschaft mit anderen Kulturen und Gesellschaften einzulassen.
Städtepartnerschaften lassen diese Offenheit wachsen und fördern sie.
Deshalb sind Partnerschaften wie die Ihre so bedeutend für die europäische Integration.
Während der Fußball-WM haben wir alle gesagt:
Wir sind Deutschland.
Ich möchte Ihnen heute Abend sagen:
Wir sind Europa.
Sie sind Europa.
Denn die Menschen, die den europäischen Gedanken im Herzen tragen, sind es, die unser Europa mit Leben füllen.
Dazu gehören Sie, meine Damen und Herren.
Und als Ihre Europaabgeordnete danke ich Ihnen dafür.

Europa und die Europäische Union wären längst noch nicht so weit, wenn nicht Menschen wie Sie in Villefontaine und in Kahl den Weg dafür bereitet hätten.
Denn die Freundschaften zwischen Politikern – wie Schuman und Adenauer oder Kohl und Mitterand – sind wichtig, aber sie können Völker nicht verbinden.
Diese Verbindung wird auf der Ebene der Bürgerinnen und Bürger geschaffen.
Und die Städtepartnerschaften in ganz Europa tragen dazu bei.
Diese Partnerschaften sind eines der wichtigsten Elemente der Völkerverständigung in Europa.
Sie bereichern uns kulturell, sprachlich und persönlich.
Deswegen fördert die Europäische Union von Beginn an den Austausch zwischen den europäischen Völkern.
Städtepartnerschaften, gemeinsame Tagungen oder grenzüberschreitende Projekte erhalten Zuschüsse zu ihren Ausgaben.
So will die EU die Menschen in ihrem Engagement unterstützen und gleichzeitig deutlich machen, dass sie dieses Engagement anerkennt.
Wichtig ist es, dass die Politik diese ehrenamtlichen Ansätze aktiv unterstützt.
Denn sie sind eine notwendige Ergänzung der politischen Bemühungen um ein vereintes Europa.
Dies beginnt auf der untersten Ebene in den Stadt- und Gemeinderäten, die vor Ort partnerschaftliche Beziehungen in Europa fördern und beleben können – ja sogar sollen.
Dies geschieht auf Bezirksebene mit dem Partnerschaftsreferat des Bezirks.
Und dies geschieht auch auf den obersten Ebenen.
Bis hin zu den Entscheidungen im Europäischen Parlament über die Fördermittel für zwischenstaatliche Begegnungen.
Aber auch dies sind wieder nur Rahmenbedingungen.

Ich – für mich persönlich – bemühe mich, noch einen Schritt weiterzugehen.
Es geht darum, die europäische Politik herunterzubrechen auf die Region und sie damit für die Menschen verständlicher zu machen.
Gerade als Gemeinderätin, die ich neben meinem Europamandat in meiner Heimatgemeinde geblieben bin, weiß ich, dass dies wichtig ist.
Es geht darum, die Menschen mitzunehmen.
Das kennen Sie sicher auch.
Es ist nicht immer einfach, für Europa zu begeistern.
Ich denke, diese Erfahrung unterscheidet sich im Partnerschaftskomitee kaum von meinen politischen Erfahrungen.
Um die notwendige Vernetzung zwischen Brüssel und der lokalen Ebene zu erreichen, habe ich eine Arbeitsgruppe gegründet – die AG Europa.
Dort sind wichtige Multiplikatoren wie die Handwerkskammer oder die Landwirtschaftsverbände vertreten.
Diese Arbeitsgruppe ist mein lokales Kontrollorgan neben den Bürgerinnen und Bürgern.
Denn aus dieser Gruppe heraus entstehen Ideen, wie europäische Politik für Unterfranken gemacht werden kann.
Das Ergebnis sind Erfolge für Wirtschaft, Arbeitnehmer und Kommunen vor Ort, die ich in meiner parlamentarischen Arbeit – in den Ausschüssen und im Plenum – erzielen kann.
Denn mit guter Politik, in der sich die Menschen wieder finden, holen wir Bürgerinnen und Bürger ins Boot.
Und darum geht es bei Ihrer Arbeit und auch bei meiner.
Gemeinsam sind wir überzeugte Europäer.
Und gemeinsam engagieren wir uns für dieses – für unser – Europa.
Dazu leistet die Städtepartnerschaft zwischen Villefontaine und Kahl ihren besonderen und anerkennenswerten Beitrag.
Die europäische Einigungsbewegung wurde durch Frankreich und Deutschland – die beide früheren Erbfeinde – angestoßen und bis heute weitergeführt.
Sie haben Ihren Anteil daran – seit nunmehr 25 Jahren.
Darauf können Sie stolz sein.
Dafür ist Ihnen Europa zum Dank verpflichtet.
Und – so hoffe ich – dies wird Ihnen Ansporn sein weiterzumachen.
Ich danke Ihnen und all denjenigen, die in der Öffentlichkeit, aber auch im Hintergrund für diese Partnerschaft eintreten und sich engagieren.
Dies ist auch Ihr Abend.
Meine Damen und Herren.
Villefontaine – c´est l´Europe!
Kahl – c´est l´Europe !
Nous – tous ensemble nous sommes l´Europe !
Merci de votre patience.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.