Fachvortrag zum Thema Atompolitik im Rahmen des ELSA-Seminars "Environmental law and nuclear power" an der Universität Würzburg

Sehr geehrte Seminarteilnehmer.
Liebe Studentinnen und Studenten.
Vielen Dank zunächst von meiner Seite an das Team von ELSA für die gute Vorbereitung und Organisation dieses Seminars.
In der Einführung haben Sie ja gerade gehört, dass ich selbst hier an der Universität Würzburg studiert und dann auch promoviert habe.
Während meines Studiums habe ich die Veranstaltungen von ELSA stets als Bereicherung des fachlichen und auch kulturellen Angebots in Würzburg geschätzt.
Mit „Environmental Law and Nuclear Power“ haben Sie auch diesmal wieder ein aktuelles, spannendes und auch kontrovers diskutiertes Thema gewählt.
Und weil dieses Thema so interessant und auch in hohem Maße politisch ist, habe ich gerne zugesagt, Ihnen nun einige europäische Aspekte dazu zu erläutern.

Als umweltpolitische Sprecherin der CSU im Europäischen Parlament, aber auch als Vorsitzende des Arbeitskreises Umwelt und Energie der Jungen Union Bayern beschäftige ich mich bereits seit längerem eingehend mit der Atompolitik – gerade auch im Zusammenspiel mit der Umwelt- und Energiepolitik.

In dieser Funktion habe ich federführend zwei interessante Broschüren erarbeitet, die ich beide heute mitgebracht habe.
Zum einen das Energiekonzept der Jungen Union Bayern, in dem wir – als junge Generation – uns Gedanken machen über die zukünftige Ausgestaltung einer nachhaltigen, bezahlbaren und umweltpolitisch sinnvollen Energiepolitik.
Und zum anderen die Broschüre „Die umweltfreundliche Gemeinde – Umweltschutz hilft Geld sparen“, die wir erst vor 2 Wochen veröffentlicht haben.
Viele der Vorschläge und Maßnahmen, die in dieser Broschüre dargestellt werden, zielen darauf ab, Energie einzusparen und alternative Energieformen zu nutzen, um den Abhängigkeitskreislauf von fossilen und nuklearen Energieträgern durchbrechen zu können.
Diese beiden Papiere sind mein Beitrag und der der Jungen Union zur politischen Diskussion über eine nachhaltige Energiepolitik in Deutschland.
Sachliche und faire Diskussion

Was mir in all diesen politischen Diskussionen – gerade auch bei der Atompolitik – immer besonders wichtig ist, ist eine sachliche und faire Diskussion.
Denn wenn wir nur mit Schreckgespenstern oder den Ängsten der Menschen spielen und argumentieren, werden am Ende alle verlieren – an Glaubwürdigkeit, gegenseitigem Respekt und letztlich auch in der Sache.
Ein Beispiel, wie es meiner Meinung nach nicht geschehen sollte, ist der Film „Die Wolke“, der Anfang dieses Jahres in unsere Kinos kam.
Ich wohne selbst in Sichtweise des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld, wo der fiktive Störfall ja eintreten soll.
Und ich habe mich über die unrealistische Darstellungsweise des Films maßlos geärgert.
Gudrun Pausewang ist eine gute Schriftstellerin und beeindruckende Persönlichkeit.
Sie hat gute Bücher geschrieben und damit sensibilisiert – das ist wichtig in unserer demokratischen Gesellschaft.
Aber in dem Film wurde der Reaktorunfall in einer unrealistischen Weise mit Absicht so dargestellt, um Ängste zu schüren und zu verstärken.
So ist die Reaktion, die im Film gezeigt wurde, bei dem Reaktortyp in Grafenrheinfeld physikalisch gar nicht möglich!
Natürlich birgt die Kernkraft Gefahren und Risiken.
Und obwohl wir diese Gefahren und Risiken nach menschlichem Ermessen im Griff haben, muss damit immer wieder aufs Neue ganz offen und direkt umgegangen werden.
Aber – ich habe es bereits gesagt – ich bevorzuge sachlichere Auseinandersetzungen, da sie zu schnelleren und besseren Ergebnissen führen.

Ich habe zwei Schwerpunkte gewählt, anhand derer ich mit Ihnen zusammen an das heutige Thema herangehen möchte.
Ich möchte beleuchten, warum gerade die Kernkraft einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leistet und im Anschluss daran welche Maßnahmen notwendig sind und insbesondere auf europäischer Ebene ergriffen werden, um negative Auswirkungen der Kernkraft auf die Umwelt zu reduzieren und im besten Fall zu verhindern.

Wir brauchen derzeit die Kernenergie!
Die Atomkraft ist eine von vielen verschiedenen Arten, wie wir auf der Welt Energie zur Deckung unseres täglichen Bedarfs gewinnen.
Deshalb kann und darf sie nur im Kontext mit diesen anderen Energiearten gesehen werden.

Deutschland und die EU sind dem Kyoto-Protokoll beigetreten, das eine deutliche Reduzierung des weltweiten CO2-Ausstoßes und damit eine Verbesserung des Klimaschutzes erreichen soll.
Im Herbst des vergangenen Jahres war ich als Mitglied des Umweltausschusses im Europäischen Parlament zur Weltklimakonferenz nach Montreal mit eingeladen und konnte dort vor Ort die Verhandlungen und Debatten um die zukünftige Klimaschutzpolitik der Weltgemeinschaft verfolgen.
Und es sieht derzeit nicht besonders gut aus, was die Entwicklung des Weltklimas angelangt.
Es wird schwierig – in den meisten Staaten sogar unmöglich – sein, die gesetzten Ziele in der angestrebten Frist zu erreichen, obwohl gerade in Europa bereits große Anstrengungen unternommen wurden.
Und der Klimaschutz ist eine der größten Herausforderungen unserer mittel- und langfristigen Umweltpolitik.

Denn ein weiteres Ansteigen der CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre wird unweigerlich zu steigenden Temperaturen und damit zu Klimaveränderungen, Wüstenbildung, Wasserknappheit und so weiter führen.
Damit gefährden wir das natürliche Gleichgewicht zu Lande, zu Wasser und in der Luft und damit unsere eigene Lebensgrundlage.
Unser Ziel muss es daher – ganz im Sinne von Kyoto und Montreal – sein, die Reduzierung des CO2-Ausstoßes noch ambitionierter als bisher zu verfolgen.
Und dies bedeutet, dass wir CO2-frei arbeitende Kernkraftwerke nicht unnötigerweise durch Luftverpester und Klimakiller wie Öl-, Kohle- oder Gasheizkraftwerke ersetzen sollten.
Derzeit brauchen wir die Kernkraft noch, um unsere Klimapolitik erfolgreich fortführen zu können.
Zudem sind wir heute bereits zu 50 % - in wenigen Jahren wahrscheinlich sogar zu 70 % - von ausländischen Brennstofflieferungen abhängig.
Sinkender Anteil der Kernenergie / Übergangsenergie
In einer Studie hat die EU-Kommission im letzten Jahr dennoch festgestellt, dass der Anteil der Kernenergie am Gesamtenergieaufkommen in der EU mittel- bis langfristig sinken wird.
Und zwar deshalb, weil die Effizienz und die Wirtschaftlichkeit neuer Energieformen deutlich besser wird.
Solarthermie, Windkraft, Biomasse, aber auch Zukunftstechnologien wie Kernfusion werden in ihrer Bedeutung zunehmen und langsam aber sicher die derzeitige Notwendigkeit von Atomkraft ersetzen.
Das ist eine Entwicklung, die ich sehr begrüße und die die Europäische Union nachhaltig fördert.
Deshalb halte ich derzeit allerdings einen radikalen Komplettausstieg aus der Kernkraft in Deutschland für falsch – gerade aus Gründen des Umwelt- und Klimaschutzes.
Ich habe nichts gegen ein Ende der Kernkraft – ganz im Gegenteil!
Aber solange wir die Energieleistung, die wir derzeit aus der Atomkraft gewinnen, nicht CO2-frei ersetzen können, dürfen wir nicht auf Kernkraftwerke verzichten!
Die Kernkraft ist eine Übergangsenergie – aber solange wir sie brauchen, sollten wir sie auch nutzen können.
Das ist meine feste Überzeugung.

Aber es gibt – neben dem Klimaschutzgedanken – noch weitere Beweggründe gerade in der Politik, die dafür sprechen, derzeit noch an der Kernkraft festzuhalten.
Als Europapolitikerin sage ich ganz deutlich: Es bringt uns rein gar nichts, wenn allein Deutschland aus der zivilen Nutzung der Kernkraft aussteigt.
Denn während wir unsere sicheren Anlagen, die jedes Jahr für mehrere Wochen inspiziert und geprüft werden, abschalten, werden in anderen Staaten – teilweise mit niedrigeren Sicherheitsstandards – neue Kraftwerke gebaut.
Ich habe lieber 5 sichere deutsche Kraftwerke als einen einzigen osteuropäischen Todesreaktor!
Und nur weil wir unsere Kernkraftwerke abschalten, verbrauchen wir ja nicht weniger Strom!
Den Strom, den wir selbst nicht mehr produzieren, müssen wir für teures Geld im Ausland einkaufen – und dabei wieder für Kernkraft zahlen.
Das läuft darauf hinaus, dass wir Arbeitsplätze und unseren technologischen Vorsprung in Deutschland verlieren und dann mit teurem Geld die Kernkraft und die Arbeitsplätze in anderen Staaten finanzieren.

Wenn ich mir dies wirtschaftlich betrachte, so komme ich zu dem Schluss, dass das von Rot-Grün beschlossene Ausstiegskonzept gelinde gesagt keine gute Entscheidung für Deutschland war.
Ein weiterer Grund, in der derzeitigen Energie- und Rohstofflage an der Kernkraft festzuhalten, ist die Energieversorgungssicherheit.
Öl, Gas und Kohle sind fossile Brennstoffe, deren Vorräte in wenigen Jahrzehnten erschöpft sein werden.
Durch die Knappheit wird der heute bereits hohe Preis für diese Energieträger weiter deutlich steigen.
Strom sollte aber auch in Zukunft kein Luxusgut sein, weshalb es die Aufgabe der Politik ist, für einen stabilen und gesamtgesellschaftlichen Energiemarkt zu sorgen.

Versorgungssicherheit
Uran ist natürlich auch ein Naturstoff und damit auch endlich.
Aber im Gegenteil zu anderen Stoffen, besteht ein Überangebot an Uran auf dem Weltmarkt, weshalb der Preis sehr niedrig liegt.
Und die natürlichen Uranvorkommen würden nach heutigem Erkenntnisstand bis zu 59 Tausend Jahre ausreichen, um uns Energie zu sichern.
Daneben liegen die größten Uranvorkommen der Welt in weniger krisengeschüttelten Regionen wie die weltgrößten Erdöl- und Erdgasvorkommen, was zusätzlich die Versorgungssicherheit erhöht.
Sie sehen, dass gerade aus der Sicht der Politik und auch aus Sicht der europäischen Ebene eine Reihe von überzeugenden Argumenten für die momentane Weiternutzung der Kernenergie spricht.
Dennoch – und auch davon bin ich fest überzeugt – müssen wir mittel- bis langfristig dahin kommen, dass erneuerbare natürliche Energiequellen unseren Bedarf decken können.
Dazu gehört auch, diesen Bedarf durch Energieeffizienzmaßnahmen zu reduzieren!
Experten sehen hier Potentiale zur Einsparung von bis zu 50 % des derzeitigen Energieverbrauchs ohne den Verlust irgendeiner Leistungsfähigkeit!
Aber – und so ehrlich muss und möchte ich sein – das wird wohl noch ein längerer Weg sein!

Idee „Umweltpakt“
Um beide Ziele – nämlich eine noch stärkere Förderung der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz und eine Verlängerung der Kernkraftnutzung in Deutschland – sinnvoll und gewinnbringend zu vereinen, habe ich eine Idee entwickelt.
Ich schlage vor, die Gewinne der Stromerzeuger, die durch eine Laufzeitverlängerung sicherer deutscher Kernkraftwerke erwirtschaftet werden, zu einem überwiegenden Anteil in die Entwicklung von Technologien für erneuerbare Energien und Energieeffizienzmaßnahmen zu investieren.
Damit hätten letztlich alle etwas davon.
Denn durch die konsequente Weiterentwicklung und Förderung der Technologien für erneuerbare Energien könnten diese schneller zur Marktreife gebracht werden, so dass ein Ausstieg aus der Kernkraft frühzeitig, CO2-frei und ohne den Verlust unserer Versorgungssicherheit gewährleistet werden könnte.
Diese Idee kann allerdings nicht im Rahmen eines Gesetzes oder einer Verordnung umgesetzt werden, da keinem Wirtschaftsunternehmen durch den Staat vorgeschrieben werden kann, wie es seine Gewinne einsetzen soll.
Deshalb müsste eine Vereinbarung – sozusagen eine Art Umweltpakt – mit den Kernkraftwerkseigentümern getroffen werden, die sie zur Verwendung der Gelder in der von mir skizzierten Weise verpflichtet.
Ich habe diesbezüglich Gespräche mit Vertretern großer Energiekonzerne geführt, die Interesse und Offenheit gegenüber einer solchen Vereinbarung gezeigt haben.
In den kommenden Wochen und Monaten werde ich weiterhin um Unterstützung für diese Idee werben, so dass wir mit einem schlüssigen Konzept in mögliche Verhandlungen über eine Verlängerung von Kraftwerkslaufzeiten gehen können.
Allerdings gibt es für solche Verhandlungen derzeit keinen Zeitrahmen, da – insbesondere auf Druck der SPD – in Berlin im Moment keine ausreichende politische Grundlage für solche Gespräche gesehen wird.

Sie sehen in der Gesamtbetrachtung, dass die Atomkraft als Bestandteil eines breiten Energiemixes in Europa derzeit eine wichtige und auch umweltpolitische Funktion einnimmt, aber letztlich auch ersetzbar ist.
Ich werde am Ende meines Vortrags nochmals auf diese Aussage zurückkommen und einige der Programme erläutern, mit denen die Europäische Union auf ein CO2-neutrales Energiezeitalter hinarbeitet.

Vorschriften zum sicheren Umgang mit Atomkraft!
Doch lassen Sie mich vorher noch etwas zu den politischen Anstrengungen ausführen, die Atomkraft sicher zu nutzen.
Wie viele natürliche Stoffe birgt auch Uran als Grundstoff der Kernkraft Risiken und Gefahren.
Insbesondere durch die Konzentration des spaltbaren Materials und die Wirkungsweise eines Atomreaktors werden Energien und Strahlungen frei, die den menschlichen Organismus schwer verletzen und töten können.
Neben diesen Gefahren, die grundsätzlich von Uran und Plutonium ausgehen, besteht zusätzlich das Risiko, dass spaltbares Material für militärische oder terroristische Zwecke verwendet wird.
Atompolitische Ansätze Bund/Land
Deshalb standen für die Politik bezüglich der Atomkraft immer zwei wesentliche Schutzbereiche im Fokus:
Der Gesundheitsschutz der Bevölkerung und die Kontrolle und Überwachung des Handels und des Transports mit radioaktiven Stoffen.
In Deutschland ist Atomrecht eine Bundeskompetenz, die der Bund durch Verabschiedung des Gesetzes über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren wahrgenommen hat.
In 59 Paragraphen und 4 Anlagen werden alle relevanten Rechtsbereiche, wie Genehmigung der Verwendung von radioaktiven Stoffen, Sicherheitsvorschriften, Haftungsfragen und nun auch Laufzeiten geregelt.
Die Bundesländer wie Bayern nehmen dann nur noch die Ausführung der im Atomgesetz niedergelegten gesetzlichen Bestimmungen wahr.
Zuständig ist in Bayern dafür das Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz als oberste atomrechtliche Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde.
Das Ministerium ist außerdem oberste Strahlenschutzbehörde.
Der unmittelbare Zuständigkeitsbereich Bayerns erstreckt sich auf die Errichtung, den Betrieb, die Stilllegung und den Abbau kerntechnischer Anlagen,
auf die Verwahrung von Kernbrennstoffen außerhalb dieser Anlagen und
auf den Betrieb der Landessammelstelle zur Zwischenlagerung der in Bayern angefallenen radioaktiven Abfälle.

Atompolitische Ansätze EU
Auch die europäischen Staaten waren sich nach dem 2. Weltkrieg und damit am Beginn des Kalten Krieges bewusst, welche Gefahren insbesondere von einem unkontrollierten Markt mit radioaktivem Material ausgehen könnten.
Im Rahmen der Römischen Verträge wurde daher 1957 zwischen Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden der EURATOM-Vertrag geschlossen, der die Europäische Atomgemeinschaft begründete.
EURATOM gehört damit zu den Gründungsverträgen der heutigen Europäischen Gemeinschaft und besteht seit nunmehr fast 50 Jahren unverändert fort.
Der Mangel an herkömmlichen Energieträgern und die Aussicht auf eine neue Energiequelle waren neben der Kontrolle des gefährlichen Materials die Hauptgründe für die Gründung der Atomgemeinschaft.
Die erforderlichen Investitionskosten, die 1957 die Möglichkeiten der einzelnen Staaten überschritten, waren ein weiterer Grund für den Zusammenschluss.
Allgemeines Ziel des Vertrags ist es, zur Bildung und Entwicklung von Kernindustrien in Europa beizutragen, und dafür zu sorgen, dass alle Mitgliedstaaten am Nutzen aus der Entwicklung der Kernenergie teilhaben und die Versorgungssicherheit gewährleistet ist.
Gleichzeitig garantiert der Vertrag der Bevölkerung ein hohes Maß an technischer Sicherheit und verhindert eine Abzweigung von für zivile Zwecke vorgesehenem Kernmaterial für vor allem militärische Zwecke.
Es ist zu beachten, dass Euratom nur im Bereich der zivilen und friedlichen Nutzung der Kernenergie zuständig ist.
Der im Euratom-Vertrag vorgesehene institutionelle Aufbau ist im Großen und Ganzen mit dem des EWG-Vertrags vergleichbar und fußt auf dem „Dreieck" aus Rat, Kommission und Europäischem Parlament.
Ziel des Euratom-Vertrags ist es, die Kernenergien der Mitgliedstaaten zusammenzuführen.
Vor diesem Hintergrund gilt er nur für bestimmte Erzeugnisse:
besondere spaltbare Stoffe – wie zum Beispiel Uran, Ausgangsstoffe und Erze, aus denen die Ausgangsstoffe gewonnen werden.

Aufgaben von Euratom
Gemäß dem Vertrag hat Euratom die folgenden besonderen Aufgaben:
Die Forschung zu entwickeln und die Verbreitung der technischen Kenntnisse sicherzustellen.
Einheitliche Sicherheitsnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte aufzustellen und für ihre Anwendung zu sorgen.
Die Investitionen zu erleichtern und die Schaffung der wesentlichen Anlagen sicherzustellen, die für die Entwicklung der Kernenergie in der EU notwendig sind.
Für regelmäßige und gerechte Versorgung aller Benutzer der EU mit Erzen und Kernbrennstoffen Sorge zu tragen.
Zu gewährleisten, dass ziviles Kernmaterial nicht für andere (insbesondere militärische) Zwecke abgezweigt wird.
Durch Zusammenarbeit mit Drittländern und zwischenstaatlichen Einrichtungen (wie der IAEO) den Fortschritt bei der friedlichen Verwendung der Kernenergie zu fördern.
Obwohl der Euratom-Vertrag der Gemeinschaft in bestimmten Bereichen keine strenge ausschließliche Zuständigkeit überträgt, stellt er für seine Unterzeichnerstaaten einen erheblichen Mehrwert dar.
Die Kommission hat auf der Grundlage dieses Vertrags Empfehlungen und Entscheidungen angenommen, die zwar nicht zwingend sind, aber auf europäischer Ebene Normen festlegen.

EU-Sekundärrecht in der Atompolitik
Insgesamt hat die EU bis heute mehrere Dutzend Rechtsvorschriften erlassen, die vor allem dem Schutz der Bevölkerung und der Umwelt vor möglichen Schäden durch die friedliche Nutzung der Kernenergie dienen.
Ganz aktuell wird das Europäische Parlament in der kommenden Woche die Revision einer Richtlinie von 1992 beschließen, die die Überwachung und Kontrolle der Verbringungen radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente regelt.
Durch die Revision sollen aktuelle Konzepte und Definitionen in der über 10 Jahre alten Richtlinie verdeutlicht und hinzugefügt werden.
Dabei werden Situationen angesprochen, die in der Vergangenheit übergangen wurden.
Außerdem soll das bestehende Verfahren für den Transport radioaktiver Abfälle zwischen Mitgliedstaaten vereinfacht werden.
Schließlich dient die Revision dazu, Konsistenz herzustellen mit anderen gemeinschaftlichen und internationalen Verträgen, insbesondere mit der gemeinsamen Konvention für den sicheren Umgang mit abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen, der die Gemeinschaft am 2.2.2006 zustimmte.
Weitere Beispiele für atomrechtliche Regelungen auf europäischer Ebene sind:
Richtlinie 89/618/Euratom des Rates vom 27. November 1989 über die Unterrichtung der Bevölkerung über die bei einer radiologischen Notstandssituation geltenden Verhaltensmaßregeln und zu ergreifenden Gesundheitsschutzmaßnahmen.
Richtlinie 96/29/Euratom des Rates vom 13. Mai 1996 zur Festlegung der grundlegenden Sicherheitsnormen für den Schutz der Gesundheit der Arbeitskräfte und der Bevölkerung gegen die Gefahren durch ionisierende Strahlungen.
Richtlinie 97/43/Euratom des Rates vom 30. Juni 1997 über den Gesundheitsschutz von Personen gegen die Gefahren ionisierender Strahlung bei medizinischer Exposition.
Beschluss 98/181/EG, EGKS, Euratom des Rates und der Kommission vom 23. September 1997 über den Abschluss des Vertrags über die Energiecharta und des Energiechartaprotokolls über Energieeffizienz und damit verbundene Umweltaspekte durch die Europäischen Gemeinschaften.
Richtlinie (Euratom) des Rates zur Festlegung grundlegender Verpflichtungen und allgemeiner Grundsätze im Bereich der Sicherheit kerntechnischer Anlagen (noch im Gesetzgebungsverfahren).

Belastung durch kerntechnische Anlagen
Sie sehen, dass sich die Europäische Union bereits seit langem und nachhaltig mit der Sicherheit im Bereich der Atomkraft beschäftigt.
Die hohen Sicherheitsstandards in Europa haben zur Folge, dass eine Belastung des Menschen durch radioaktive Strahlung, die durch kerntechnische Anlagen verursacht wird, praktisch nicht existiert.
Sie liegt insgesamt bei weniger als 0,01 Milli-Sievert pro Jahr.
Die radioaktive Strahlung, der wir durch natürliche Vorgänge in unserem eigenen menschlichen Körper ausgesetzt sind, ist 30 Mal höher!
Und die radioaktive Strahlung unserer Erdatmosphäre und des Erdbodens belastet uns sogar über 70 Mal mehr!
Dies ist neben der hervorragenden Ingenieursleistung in unserem Land auch den strengen Vorschriften und Prüfungen der Politik zu verdanken, davon bin ich überzeugt.
Forschung und Entwicklung
Aber die EU hat nicht nur Regeln zum Umgang mit radioaktiven Stoffen erlassen, sondern auch die Entwicklung neuer und sicherer Technologien gefördert.

Parallel zu den allgemeinen Forschungsrahmenprogrammen, von denen gerade die deutschen Universitäten überdurchschnittlich profitieren, legt die EU regelmäßig gesonderte Forschungsförderprogramme für den Atombereich auf.
Das im Juni verabschiedete Programm für die Finanzperiode ab 2007 hat ein Gesamtbudget von etwa 3,1 Milliarden Euro für 7 Jahre.
Damit sollen zwei Schwerpunktbereiche gefördert werden:
Fusionsenergieforschung: Schaffung der Wissensgrundlage für das Projekt ITER und Bau von ITER als wichtigsten Schritt für den Bau von Prototypreaktoren für sichere, dauerhaft tragbare, umweltverträgliche und wirtschaftliche Kraftwerke;
Kernspaltung und Strahlenschutz: Förderung der sicheren Nutzung der Kernspaltung und der Einsatzmöglichkeiten von ionisierenden Strahlen in Industrie und Medizin.
Damit wird deutlich, dass die EU nicht nur Vorschriften erlässt, sondern selbst aktiv an der Erforschung von Sicherheitstechnologien mitwirkt.
Auch Bayern hat in der Vergangenheit als High-Tech-Standort von Fördergeldern aus den Atomprogrammen der EU profitiert.
Und da bayerische Firmen auch am Bau des Fusionsreaktors ITER in Frankreich beteiligt sind – eine dieser Firmen werde ich in der nächsten Woche hier in Würzburg besuchen –, werden wir auch in Zukunft weiter von diesen Forschungsgeldern profitieren können.
Sie sehen, dass die Bandbreite des europäischen Rechts im Sektor der Atompolitik mit einer Bandbreite von Arbeitsschutzvorschriften über Transportgenehmigungen bis hin zur Forschungsförderung sehr weit gefächert ist.
Ich bin überzeugt davon, dass wir hier bisher den richtigen Weg gegangen sind und auch solange weitergehen werden, wie die angesichts der friedlichen Nutzung der Kernenergie in Europa notwendig ist.

Allgemeine Informationen zur europäischen Energie-/Umweltpolitik
Wie lange dies noch andauern wird, ist eine andere politische Frage, mit der ich den Bogen wieder zurück zum ersten Teil meines Vortrags spannen möchte.
Ich hatte Ihnen ja versprochen, noch ein paar allgemeine Erläuterungen zu den Aktivitäten der EU im Energiesektor über die Kernenergie hinaus anzubieten.
Kompetenzfrage
Die Europäische Union verfügt in der Energiepolitik über keine Kompetenz, nach der sie einheitliche Energiekonzepte für Europa entwickeln und umsetzen könnte.
Ein Versuch, dies zu ändern, ist – unter anderem wegen unterschiedlichen Auffassungen zur Nutzung der Kernenergie – auf einem der letzten Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs gescheitert.
Ich halte dies für ein falsches Signal und für eine Fehlentwicklung.
Die Europäische Union verfügt über eine Reihe von Kompetenzen, deren Sinnhaftigkeit sich nicht zwingend sofort erschließt.
Aber in der Energiepolitik – einem Politikbereich, der aus sich heraus bereits global angelegt ist – müsste sie meiner Meinung nach über weitere Gestaltungsmöglichkeiten verfügen.
Bis dies der Fall ist, bleibt es bei Einzelmaßnahmen, die durch andere Kompetenzbereiche wie zum Beispiel die Umweltpolitik gedeckt sind.
Abhängigkeit / Versorgungssicherheit
Rund 80 % des Energieverbrauchs in der EU werden derzeit durch fossile Brennstoffe – Erdöl, Erdgas und Kohle – gedeckt.
Ein beträchtlicher und weiter ansteigender Teil dieser Energieträger stammt von außerhalb der EU.
Die Abhängigkeit von Erdöl- und Erdgaseinfuhren könnte bis 2030 von derzeit 50% auf 70% ansteigen, weshalb die EU bei Lieferengpässen und höheren Preisen infolge internationaler Krisen anfälliger sein wird.
Die EU muss auch ihren Verbrauch an fossilen Brennstoffen reduzieren, um der globalen Erwärmung entgegenzuwirken.
Maßnahmenkatalog
Die Lösung könnte in einer Kombination folgender Maßnahmen bestehen, für deren Umsetzung sich die EU einsetzt:
Energieeinsparung durch eine effizientere Energienutzung – denn Energie, die wir nicht verbrauchen, müssen wir nicht produzieren oder einkaufen;
Nutzung alternativer, vor allem in der EU vorhandener erneuerbarer Energieträger – denn dann können wir irgendwann guten Gewissens europaweit auf Kernkraft und klimaschädigende fossile Energieträger verzichten;
effizientere Nutzung gasbefeuerter Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die auch Dampf und Wärme erzeugen;
verstärkte Nutzung von Biomasse aus organischen Stoffen für die Energieerzeugung und von Biokraftstoffen im Verkehrswesen;
bessere Integration der EU-Energiemärkte;
bessere Verzahnung der EU-Energiepolitik mit anderen Politikfeldern, etwa mit der Landwirtschafts- und Handelspolitik, und
verstärkte internationale Zusammenarbeit.
All dies wird letztlich jedoch nicht ausreichen – weder um die Abhängigkeit von Kernkraft und fossilen Brennstoffen gänzlich aufzuheben, noch um auf Dauer eine Umkehr der negativen Klimaeffekte zu erreichen.
Letztlich muss die EU eine Wirtschaft mit niedrigen Kohlendioxidemissionen werden, die in Industrie, Verkehr und Haushalten weniger fossile Brennstoffe verbraucht und erneuerbare Energieträger für die Stromerzeugung, das Beheizen und Klimatisieren von Gebäuden und als Kraftstoffe im Verkehr einsetzt.

Dies setzt einen umfassenden Umstieg auf Windenergie – vor allem Offshore-Windkraftanlagen –, Biomasse, Wasserkraft, Sonnenenergie und Biokraftstoffe aus organischen Stoffen voraus.
Das nächste Ziel könnte dann die wasserstoffgestützte Wirtschaft sein.

Abschluss
Mit diesem ambitionierten und vielleicht ein wenig visionären Blick in die Zukunft möchte ich schließen.
Gerade zur strategischen Energiepolitik ließe sich noch so einiges sagen, aber dies reicht meiner Einschätzung nach für ein eigenes Seminar aus.
Ich denke, ich konnte Ihnen aus politischer Sicht einiges zur Bedeutung der Kernkraft für die Umwelt- und Klimapolitik erläutern sowie Ihnen einen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Nutzung der Atomkraft auf europäischer Ebene geben.
Daneben – davon bin ich überzeugt – habe ich sicher die eine oder andere Frage aufgeworfen oder Reaktion provoziert, so dass wir nun in eine interessante und spannende Diskussion eintreten können.
Ich danke Ihnen bis hierher für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank.