Europas Zukunft. Unsere Zukunft

Ein herzliches Grüß Gott im Brauhaus am Markt in Schweinfurt zur Gründungsveranstaltung der Jungen Europäer.
1849 hat es der französische Philosoph Victor Hugo zum ersten Mal gewagt, von den „Vereinten Staaten von Europa“ zu sprechen. Erst knapp hundert Jahre und zwei Weltkriege später, 1946, hat Winston Churchill in Zürich seine Vision von den „Vereinigten Staaten von Europa“ formuliert.
Heute haben wir, zwei Generationen später die einzigartige Gelegenheit, dieses vereinte Europa in Form der erweiterten „Europäischen Union“ konkret zu gestalten und sie in ihrer Form durch den "Verfassungsvertrag" nachhaltig zu festigen.
„Europa ist kein Ort, sondern eine Idee“ – so sagt es ein anderer europäischer Philosoph.
Dem kann ich zustimmen.
Man muss an diese Idee glauben, um sie gestalten zu können.
Und: Man muss sie weiter vermitteln, um sie zu erhalten.
Mehr noch: Wir müssen Menschen für die Idee Europa begeistern.
Vor allem auch die junge Generation - und genau das ist die zentrale Aufgabe der Jungen Europäer.
Befragt man Jugendliche nach ihren Erwartungen an Europa, sind diese relativ klar:
Frei reisen, Urlaub ohne Grenzen wird da genannt, genauso aber eingefordert werden Lösungen für Umweltprobleme oder aber Antworten auf die hohe Arbeitslosigkeit.
Man erwartet sich also viel vom System Europa.
Die grundlegende „Idee Europa“ aber ist den Jugendlichen heute nicht mehr so leicht nahe zu bringen.
Selbst Schüleraustausche gehen heute eher nach Neuseeland, Australien oder in die USA als nach Frankreich oder Tschechien.
Was haben rund 55 Jahre europäischer Einigung uns denn überhaupt gebracht?
Wir alle kennen - zum Glück - nur diese europäische Einheit des Friedens, der Demokratie und des Wohlstands.
Was vor fast 60 Jahren war, haben wir oft genug im Geschichtsunterricht gehört, aber so richtig kann es sich kaum einer vorstellen.
Wir müssen uns die Idee Europa bewusst machen.
Beispiel: Wenn ich mit dem Zug über die Rheinbrücke bei Kehl nach Straßburg fahre, vorbei an den verwaisten Zollgebäuden, versuche ich mir oft bewusst zu machen, was hier noch vor 60 Jahren war.
Krieg, Hass, Stacheldraht und Waffen.
Heute leben Franzosen und Deutsche ganz alltäglich zusammen, das Gebiet links und rechts des Rheins ist längst eine Region geworden.
Der Rhein ist endlich wieder Fluss, nicht Grenze.
Ähnlich ist es auch an der deutsch-tschechischen Grenze.
Vor 15 Jahren noch war dort das Ende der Welt, heute sitze ich zusammen mit meinen tschechischen Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament und die Grenzen sind offen.
Bleiben wir noch kurz in Straßburg.
Vielleicht kennt ihr das neue Gebäude des Europäischen Parlaments, gebaut wie ein Schiff und geprägt von einem runden Büroturm mit großem Innenhof. Dessen Architektur erinnert ebenfalls daran:
Europas Route führt in Richtung Zukunft, die Geschichte aber ist unsere Basis, aus der wir lernen.
So öffnet sich der Turm nach außen hin strahlenförmig rund – im Innern aber sorgt ein „Gerüst“ aus rotem Kunstsandstein symbolisch für den Halt.
Europa ist zu allererst eine Wertegemeinschaft.
Nicht die wirtschaftlichen Interessen haben Robert Schuman 1950 seinen Plan zur Gründung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl entwerfen lassen!
Es war der Wunsch nach Frieden und Aussöhnung.
Neben dem Glauben an die Idee Europa müssen wir aber das politische System Europa jeden Tag und im Detail gestalten.
Dafür wurde ich in das Europäische Parlament gewählt.
Ein viertel Jahr ist seit der Europawahl am 13. Juni inzwischen vergangen und ich kann an dieser Stelle bereits von meinen zahlreichen Erfahrungen, auch ersten Erfolgen als Europaabgeordnete berichten.
Ich bin für die EVP-ED-Fraktion Mitglied in den Ausschüssen für Umwelt, Gesundheit und Lebensmittelsicherheit sowie Beschäftigung und soziale Angelegenheiten.
Die CSU-Gruppe im Europäischen Parlament hat mich zur Umwelt-, Sozial- und Sportpolitischen Sprecherin ernannt.
Ich bin Mitglied in der Arbeitsgruppe Bioethik der Fraktion, der SME-Union (Interessensverband kleinerer und mittlerer Unternehmen bei der Fraktion), der grenzübergreifenden Jungen Gruppe der Fraktion sowie den fraktionsübergreifenden Intergroups für Tierschutz, Forsten, Lebensmittel-sicherheit, fairen Handel und Chancengleichheit für Menschen mit Behinderung.
In Unterfranken habe ich zusammen mit Europaminister Sinner die Arbeitsgruppe Europa als Kontakt-, Informations- und Koordinationsplattform aller wichtigen wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Gruppen gegründet.
Gute Politik braucht die Zusammenarbeit über die politischen Ebenen hinweg, deshalb habe ich in den vergangenen Wochen zahlreiche Antrittsbesuche absolviert und noch einige in Planung.
Ich habe, zur Unterstützung und Vernetzung meiner Arbeit, fünf Büros eingerichtet:
Brüssel, Straßburg, Schweinfurt, Schwebheim und Berlin.
Insgesamt sind 8 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Haupt- und Teilzeit als Ansprechpartner/innen da.
Gerne empfange ich auch Besuchergruppen, wie etwa Schulklassen oder Studierende, in Brüssel oder Straßburg, um euch direkt das Leben im EP zu zeigen.
Inhaltlich habe ich mich bereits nach wenigen Wochen profiliert.
Im Bereich Umwelt konzentriere ich mich unter anderem auf die Energiepolitik (Energiepapier, Schattenbericht zur Energiesicherheit), die Neuordnung der europäischen Chemikalienpolitik (REACH-Verordnung), Artenvielfalt und die Umsetzung des „Natura 2000“-Biotopverbundes sowie die Umsetzung der Gentechnik-Gesetzgebung.
Im Bereich Gesundheit engagiere ich mich für Patientenmobilität, e-health im Allgemeinen (besondere Bedeutung für die Region), Medikamentensicherheit und – zulassung (Experten-Panel geleitet) sowie die Gesundheit von Kindern (gesunde Ernährung).
Im Bereich der Lebensmittelsicherheit geht es derzeit u.a. um die Umsetzung der EU-Anforderungen zur absoluten Rückverfolgbarkeit und gesundheitsbezogene Angaben auf Lebensmitteln (health claimes).
Im Bereich Beschäftigungspolitik hat die EU vor allem Rahmengesetzgebungskompetenzen.
Deshalb achte ich hier in erster Linie auf die Einhaltung der Subsidiarität. Europa soll da nichts machen, was die Nationen oder Regionen selbst regeln können.
Aber: Wir brauchen den grenzübergreifenden Dialog und müssen uns im Wettbewerb motivieren, denn: Die 25 Staaten der EU haben es sich im Lissabon-Prozess zur Aufgabe gemacht, bis 2010 zum wettbewerbstärksten, wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu werden. Davon sind wir heute noch weit entfernt, aber es muss unser Ziel für diese Legislaturperiode sein, das zu erreichen.
Möglich wird das nur durch eine wirklich nachhaltige Politik, die ökonomische, ökologische und soziale Aspekte gleichermaßen berücksichtigt. An diesem Leitbild will ich meine Politik tagtäglich neu orientieren.
Wichtig sind mir im Bereich der Beschäftigungspolitik konkrete Maßnahmen wie die weitere Förderung und Entwicklung des ländlichen Raums, der Schutz unserer erfolgreichen deutschen Systeme (Beispiel Meistertitel/Dienstleistungsrichtlinie) und der Kampf gegen zu viel, von den Linken stets geforderte Überregulierung, Bürokratie, Bevormundung (Beispiel Arbeitszeitrichtlinie, REACH).
Im Bereich Soziales bin ich ebenfalls für einen intensiven Dialog unter Berücksichtigung der Subsidiarität.
Europas Eingreifen halte ich zum Beispiel dann für sinnvoll, wenn es um die Rechte von Menschen mit Behinderungen und eine barrierefreie Welt geht.
Hier ist bereits viel geschehen (Beispiel Bahnhöfe: Leitsysteme für Blinde basieren auf europäischen Mindeststandards), kann aber noch einiges verbessert werden.
Im Bereich der Sozial- und Gesundheitssysteme will ich kein weiteres Eingreifen Brüssels und auch keine undemokratische Absprache im Rahmen der „offenen Koordinierung“ (Mauschelkreis der Regierungen im Rat, nicht öffentlich, ohne demokratisch-parlamentarische Kontrolle).
Als sportpolitische Sprecherin der CSU-Gruppe im EP unterstütze ich nicht nur das laufende „Europäische Jahr der Erziehung durch Sport“.
Ich baue auf eine intensive Zusammenarbeit mit dem Deutschen Sportbund und den Vereinen vor Ort.
Beginn der Verhandlungen im Verfassungskonvent im Februar 2003
Ein Jahr intensivste Arbeit, Kollege Joachim Wuermeling war damit von Seiten der CSU betraut.
Ergebnis: Entwurf für einen Vertrag über eine Verfassung für Europa.
Insgesamt ein guter Ent-Wurf, gerade was die zukünftige Struktur, die Institutionen der EU betrifft.
Aber: Problem im Dezember 2003 - Europäischer Rat unter Vorsitz Italiens schafft es nicht, den Verfassungsvertrag zu verabschieden.
Polen und Spanien blockieren wegen der Strukturhilfen und Stimmverteilung, Deutschland und Frankreich haben sich ebenfalls stur gestellt.
Entwurf des Konvents ist damals gescheitert, offiziell: vertagt.
Dann kam irische Ratspräsidentschaft im 1. Halbjahr 2004 mit einem sehr rühmlichen Auftritt!
Bertie Ahern, irischer Regierungschef, hat eine sehr ruhige Arbeit gemacht und im Hintergrund die Fäden gezogen.
Lange war nicht klar, ob die Iren es schaffen würden, eine Verfassung im Rat absegnen zu lassen - aber sie haben es geschafft:
Im Juni in Brüssel, eine Woche nach der Europawahl. Ein historischer Moment für Europa!
Europa hat jetzt einen Verfassungsvertrag, den wir nun in allen 25 Mitgliedsstaaten ratifizieren müssen.
Und eines ist klar: Auch wenn der Vertrag vielleicht nicht perfekt sein mag, er ist gut! Und wir müssen JA dazu sagen!
Verfassungsvertrag ist konstitutionelles Fundament für das erweiterte Europa
Ein wichtiger und weiter Schritt in die richtige Richtung.
left overs der Verträge von Maastricht, Amsterdam und Nizza sind aufgearbeitet.
Text hat 4 Teile und 460 Artikel
Zum ersten Mal in der Geschichte der EU sind alle Verträge in einem Dokument zusammengeführt.
War dringend notwendig, um Klarheit zu schaffen und ein Identifikationsmoment wie das Grundgesetz.
Aber: Gemeinsame Verfassungsidentität muss sich erst noch bilden - Referenden können, wenn sachlich vorbereitet, dafür eine gute Grundlage bilden.
Welche Fortschritte bringt der Verfassungsvertrag?
Institutionelle Weichenstellungen
Einführung eines gewählten Präsidenten des Europäischen Rates, Schaffung eines Europäischen Außenministers - höhere Personalisierung der Politik!
Mitentscheidungs- und Haushaltsrechte des EP werden nochmal entscheidend gestärkt - nahezu doppelt so viel wie bisher!
Wir haben damit quasi das "Zwei-Kammern-System" für die EU.
Mehr Transparenz Zusammenführung aller bisherigen Verträge in einem Dokument (Ausnahme EURATOM-Vertrag)
Rechtspersönlichkeit für die EU (Abkehr vom alten drei-Säulen-Modell)
Kompetenzabgrenzung schwarz auf weiß festgehalten rechtsverbindliche Übernahme der Grundrechtecharta.
Einfacheres und faires Abstimmungssystem im Rat (55% der Mitgliedsstaaten und 65% der Bevölkerung, mind. 15 Staaten)
Mehr Mehrheitsentscheidungen im Rat
Mittelfristig Verringerung der Anzahl der Kommissare (ab 2014 nur noch 2/3 der Mitgliedsstaaten, Rotationssystem), erhält Handlungsfähigkeit der KOM
Stärkung der Richtlinienkompetenz des KOM-Präsidenten.
Wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem Europa der Bürger
Initiative der CSU, sich für ein europaweites Referendum über die EU-Verfassung einzusetzen, ist wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Volksentscheide zu rein innenpolitschen Fragen lehnen wir ab.
Grundgesetzänderungen, die auf Europa zurückgehen, werden bisher in aller Regel nicht intensiv genug mit den Bürgern diskutiert.
Wir müssen deshalb Möglichkeiten schaffen, die die Menschen bei der grundlegenden Entscheidung über die EU-Verfassung mit einbeziehen.
Eine breite Beteiligung der Bürger sei wichtig, wenn Europa zu einem Europa der Bürger werden soll.
Es der CSU nicht um die generelle Einführung von Volksentscheiden, sondern um eine Regelung für genau festgelegte Einzelfälle.
Volksentscheide sollte es nur bei wesentlichen Änderungen der vertraglichen Grundlagen der EU geben, die das Grundgesetz ändern oder ergänzen.
Damit bekommen wir die notwendige Diskussion über europäische Themen.