Europabericht bei der Europa-Union

Sehr geehrter Herr Scherpf, lieber Hans-Dieter, liebe Mitglieder der Europa-Union Hammelburg, sehr geehrte Damen und Herren!
Ich freue mich sehr, dass ich heute hier sein kann, ich komme immer sehr gerne zur Europa-Union Hammelburg.
Als Ihre unterfränkische Europaabgeordnete bin ich sehr stolz darauf, dass der größte und einer der aktivsten Verbände in ganz Deutschland hier bei uns in Unterfranken seine Heimat hat.
Heute, darauf werde ich später noch einmal zurück kommen, gibt es zudem noch einen besonderen Anlass, einen besonderen Grund, aus dem ich heute ganz besonders gerne gekommen bin.

Neubesetzung Kommission
Zunächst aber werde ich über aktuelle europapolitische Themen berichten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das neue Jahr hat für die Europäische Union und insbesondere für das Europäische Parlament sehr ereignisreich begonnen:
Die Neubesetzung der Kommission, der Vertrag von Lissabon ist in Kraft getreten und bedarf nun der Umsetzung.
Am 9. Februar 2010 wurde die neue Kommission offiziell vom Europäischen Parlament bestätigt.
Die neue Kommissionsspitze hat daraufhin umgehend unter der Leitung des neuen und alten Kommissions¬präsidenten Barroso ihre Arbeit aufgenommen.
Es gilt das persönliche Programm des Präsidenten umzusetzen: Entbürokratisierung, Erweiterungspolitik, Regelungen für die Finanzmärkte, Nutzung der Chancen der Umwelttechnologien als Weg aus der Wirtschaftskrise, Stärkung des sozialen Europa.
Unterstützt wird er von den 27 Kommissaren.
Jeder Mitgliedstaat stellt einen Kommissar.
Die insgesamt 27 Amtsinhaber sind jeweils für verschiedene Bereiche zuständig.
Der neue deutsche Kommissar Günther Oettinger mit dem Zuständigkeitsbereich Energiepolitik.
Mit dem Industrieressort hatte D schon in der letzten Kommissionsperiode ein wichtiges Ressort
Auch für die kommenden fünf Jahre konnte sich die deutsche Regierung mit dem immer wichtiger werdenden Energiebereich ein bedeutendes Ressort sichern.

Personelle und inhaltliche Veränderungen
Die Neubesetzung der Kommissionsspitze bedeutet jedoch nicht nur personelle, sondern auch inhaltliche Veränderungen.
So kommt meinen Themenbereichen Umwelt und Klimaschutz, aber auch Bildung und Forschung in der neuen Kommission eine größere Bedeutung zu als in der Vergangenheit
Jedem dieser wichtigen Bereiche wurde ein eigenes Ressort zugeordnet.
Deutschland kann allerdings nicht nur mit dem Ressort zufrieden sein, sondern auch mit dem neuen Kommissar.
In der Anhörung präsentierte sich Oettinger sehr gut vorbereitet, souverän und schlagfertig und antwortete auch auf schwierige Fragen der Abgeordneten sachlich fundiert.
Als Energiekommissar kann Oettinger aktiv dazu beitragen, die Energiepolitik weiter zu entwickeln, die Energiesicherheit zu erhöhen und den europäischen Klima- und Umweltschutz mit zu gestalten.
Neben der nun arbeitsfähigen neuen Kommission ist die zweite Neuerung, der nach geraumer Vorbereitungszeit und langer Ratifikationsphase am 1. Dezember 2009 in Kraft getretene Reformvertrag von Lissabon.
Trotz der langen Vorlaufzeit des Lisabonner Vertrages, kann – mehr sogar, muss – man ihn dennoch als einen Meilenstein der Europäischen Integration bezeichnen.

Vorstellung Ausschüsse
Damit kann nun im neuen Jahr und nach der Bestätigung der neuen Kommission die Gesetzgebungsarbeit unter den neuen Regelungen richtig losgehen.
Mitgliedschaft in zwei Ausschüssen.
Ausschuss für Umwelt, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit: Fragen des Umweltschutzes, nachhaltige Entwicklung, öffentliches Gesundheitswesen, Pharma, kosmetische Produkte, Lebensmittelsicherheit und -kennzeichnung.
Einzige Bayerin aller Fraktionen im Umweltausschuss.
Mittlerweile 80 % der relevanten Umweltgesetzgebung auf europäischer Ebene.
Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz:
Binnenmarkt ist Erfolgsgeschichte, jeder sechste Arbeitsplatz in D hängt davon ab, Vereinfachung und Verbesserung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, Harmonisierung von Verbraucherrechten.

Rahmenvereinbarungen über Zusammenarbeit zwischen Kommission und EP
Die Bestimmungen des Reformvertrages weiten die Rechte und Kompetenzen des EP weiter aus.
Zudem wurde das EP durch eine Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen Europäischer Kommission und Parlament gestärkt.
Wurde zeitgleich mit der Abstimmung über die neuen Kommissare beschlossen.
Unter anderem räumt diese Vereinbarung dem Parlament ein indirektes legislatives Initiativrecht ein.
Auf Gesetzesvorschläge aus dem Parlament muss die Kommission nun innerhalb von drei Monaten reagieren.
Nach einem Jahr muss Kommission die Initiative der Abgeordneten in Gesetzentwurf gegossen oder in das Arbeitsprogramm des Folgejahres aufgenommen haben.
Tut sie das nicht, ist die Kommission verpflichtet, ihre Ablehnung detailliert zu begründen.

Reform Entscheidungsprozesse Stärkung EP
Die Bestimmungen des Reformvertrages, insbesondere die Reform der Entscheidungsprozesse, zusammen mit den Prinzipien der Rahmenvereinbarung stärken die Kompetenzen des Parlaments deutlich:
Dazu zählen die Ausweitung der Kompetenzen des EP, besonders bei Gesetzgebung und Haushalt,
dass das Mitentscheidungsverfahren zum Regelverfahren wird,
und Mitbestimmungsrechte beim Abschluss Internationaler Abkommen.
Inzwischen kann man von einer immer stärkeren Parlamentarisierung der EU sprechen.
Das macht auch die Reihe wichtiger Entscheidungen der letzten Zeit auf europäischer Ebene deutlich.
Damit wurde auch eines der großen Ziele, für das die Europa-Union immer eingetreten ist, erreicht.
Für mich als Europaabgeordnete bedeutet das mehr Rechte, aber auch neue Herausforderungen, die ich gerne annehme!
Als direkte Vertreterin der Unionsbürger, also als direkte Vertreterin von Ihnen, meine Damen und Herren, habe ich nun noch bessere Möglichkeiten, Ihre Anliegen auf europäischer Ebene durchzusetzen.
Als Anwältin Unterfrankens in Brüssel werde ich die neuen Kompetenzen nutzen und mich auch weiterhin für unsere Region auf europäischer Ebene einsetzen.
Damit auch Sie, meine Damen und Herren, und unsere gesamte unterfränkische Heimat von einer starken EU profitieren werden.

AG Europa: Thema Finanzkrise
Um die Anliegen und Bedürfnisse der Unterfrankens auf europäischer Ebene bestmöglich einzubringen habe ich zusammen mit Eberhard Sinner die AG Europa gegründet.
Dort findet regelmäßig ein Austausch von Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zu aktuellen Themen statt.
Auf der TO der letzten Sitzung hatten wir u. a. den Punkt  Maßnahmen gegen die Finanzkrise.
Derzeit befinden wir uns in der  schwersten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg.
Bedarf an grenzüberschreitendem Handeln.
Das EP will mehr Transparenz, Kontrolle und Aufsicht, Regulierung von Risikofonds und Rating-Agenturen, Beschneidung von Managergehältern durchsetzen.
Von Anfang an hat die Europäische Union eine Vorreiterrolle übernommen.
Gleich zu Beginn der Krise hat die EU verschiedene Gesetzesinitiativen auf den Weg gebracht.
Diese befassen sich unter anderem mit der Regulierung von Risikofonds und Rating-Agenturen, der Erhöhung der Eigenkapitalpuffer der Banken sowie der Sicherung von Spareinlagen.
Auch bei den Weltfinanzgipfeln in Washington, London und Pittsburgh hat die EU ihre Handschrift hinterlassen.
Die Ergebnisse der Treffen spiegeln den Einfluss der EU wider und verdeutlichen, dass die Reformbemühungen der EU global nicht alleine stehen.
Doch die EU gibt sich mit dem bisher erreichten nicht zufrieden und übernimmt weiterhin Verantwortung, um Sicherheit und Vertrauen zu demonstrieren.
Die EU ist handlungsfähig, wir werden auch künftig die Vorschläge der Kommission intensiv diskutieren und verbessern.

Stärkung Unionsbürger, nationale Parlamente
Der Reformvertrag stärkt nicht nur das Europäische Parlament, sondern auch die Unionsbürger und die nationalen Parlamente – also auch Sie, meine Damen und Herren.
So sieht der Reformvertrag auch ein europäisches Volksbergehren vor.
Dadurch können Sie sich als Unionsbürger direkt an der europäischen Demokratie beteiligen.
Zudem gewinnt das Subsidiaritätsprinzip an Bedeutung,
d. h. dass Angelegenheiten, die besser in den Mitgliedsstaaten oder in Deutschland von den Bundesländern erledigt werden können, auch in deren Kompetenzen bleiben sollen.
Die nationalen Parlamente sind mit ihrer Gesetzgebungsbefugnis ausdrücklich erwähnt.
Nach einem Urteil des BVerfG ist zwar der Lissabon-Vertrag, nicht aber das deutsche Begleitgesetz mit dem Grundgesetz vereinbar.
Daher wurden in Deutschland diesbezüglich im September 2009 Begleitgesetze verabschiedet, wodurch der Einfluss des deutschen Parlaments bei Entscheidungen der EU ausgeweitet wird.
D. h. Begleitgesetze machen die EU-Gesetzgebung noch demokratischer.
Zukünftig ist die Bundesregierung nun verpflichtet, bei jeder Verlagerung nationaler Kompetenzen zur EU vorher den BT befragen und das Parlament frühzeitig über alle EU-Vorhaben informieren.
Dies wird zeitnahe Diskussionen europäischer Themen in der deutschen Öffentlichkeit zur Folge haben, wodurch die Akzeptanz und Kenntnisse der Bevölkerung gegenüber EU werden sich erhöhen werden.
Mit dem Vertrag von Lissabon wird die EU ihren Ansprüchen demokratischer, transparenter und bürgernäher zu werden, gerecht.
Der Vertrag und das Rahmenabkommen wird uns noch mehr Demokratie, mehr Transparenz und mehr Bürgernähe bringen.
Das ist die Grundvoraussetzung dafür, dass die gemeinsame Zukunft eine erfolgreiche Zukunft wird
und sich die Erfolgsgeschichte der EU und der Europäischen Einigung der letzten Jahrzehnte noch viele Jahrzehnte weiterschreiben lässt.
Eine Geschichte, in der auch die Europa-Union Hammelburg einen festen Platz hat.
Als die heutige Europäische Union in Form von EWG, EGKS und Euratom durch die Römischen Verträge 1957 aus der Taufe gehoben wurde, da gab es die Europa-Union hier in Hammelburg schon.
Die Bürger von Hammelburg haben die europäische Integration vom aller ersten Tag an begleitet und mit gestaltet.
Die kulturellen Beiträge für die Aussöhnung und Verständigung der Völker Europas, aber auch das kritische Hinterfragen von Entscheidungen auf allerhöchster Ebene sind unverzichtbare Verdienste der Europa-Union im Allgemeinen und auch Ihr persönlicher Erfolg als Kreisverband.

Neue Kompetenzen EP und SWIFT
Wie sich die Umsetzung des Lisabonner Vertrages gestalten wird,
in wie weit die EU-Abgeordneten ihre weitgehenden neuen Mitgestaltungsrechte anwenden, ist zum heutigen Zeitpunkt noch nicht absehbar.
Dass das Europäische Parlament aber seine neuen Rechte wahrnehmen wird, hat die Debatte um das SWIFT-Abkommen über das Mitte Februar gezeigt.
Vor Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon war die Zustimmung des Parlaments beim Abschluss internationaler Verträge nicht notwendig.
Dies galt auch für das Abkommen, das den USA im Rahmen der Terrorismusbekämpfung erlaubt, auf europäische Bank-Transaktionen zurück¬zugreifen.
Das ist jetzt anders.
Durch das Mitentscheidungsrecht, welches dem Parlament nun zusteht, reicht nun nicht mehr länger die Zustimmung des Ministerrates.
Auch das Parlament muss zustimmen.
Besonders bei einer solch umstrittenen Frage wie dem SWIFT-Abkommen, das alle Unionsbürger betrifft, ist wichtig, dass eine parlamentarische Debatte geführt wird und die direkten Repräsentanten der Unionsbürger in die Entscheidung einbezogen werden.
Bei der Abstimmung verweigerte das Parlament schließlich dem Interimsabkommen der EU und der USA zum Austausch von Bankdaten die Zustimmung.
Mit einer Mehrzahl von 378 Stimmen bei 196 Gegenstimmen und 31 Enthaltungen lehnte das EP das Übergangsabkommen ab.
Dahinter standen vor allem datenschutzrechtliche Bedenken.
Es kann nicht sein, dass systematisch im großen Stil Kontodaten von Millionen von europäischen Bürgern überprüft werden, ohne dass europäischen Datenschutzstandards ausreichend Rechnung getragen wird.
Daten dürfen nicht ohne konkreten Verdachtsmoment übermittel werden.
Deswegen habe ich wie die Mehrzahl meiner Kollegen gegen dieses Abkommen gestimmt.
Die Menge der Bankdaten, die US-Terrorfahnder bei ihren Ermittlungen abrufen dürfen, muss stärker eingrenzt werden als bislang.
Wir müssen die größtmögliche Achtung der Privatsphäre und des Datenschutz gewährleisten.
Durch die Ablehnung des Abkommens haben wir Europaparlamentarier gezeigt, dass wir uns in erster Linie für die Belange der Bürgerinnen und Bürger einsetzen!
Wir haben Rat und Kommission ein klares Mandat erteilt, die Verhandlungen zügig fortzuführen, dabei die europäischen Datenschutzbestimmungen zu achten und die bestehenden Probleme aufzugreifen.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, das Parlament nutzt seine neuen Rechte und stellt sich vor allem in den Dienst der Bürgerinnen und Bürger.

Lebensmittelkennzeichnung
Ein weiteres aktuelles Thema, das uns zurzeit in Europa beschäftigt, ist die Kennzeichnung von Lebensmitteln.
Das Ziel müssen leicht verständliche und gut lesbare Kennzeichnungen für die Verbraucher sein.
Es muss auch auf den ersten Blick erkenntlich sein, welche Nährwerte ein Produkt enthält oder ob es sich um ein Lebensmittelimitat, wie z. B. Formschinken oder Analogkäse, handelt.
Verbraucher werden durch Imitate bewusst in die Irre geführt.
Da müssen wir einen Riegel vorschieben.
Berichte über Lebensmittelimitate, wobei natürliche Zutaten durch billige Ersatzstoffe ersetzt werden, häufen sich immer mehr.
Verbraucher werden im Glauben gelassen, dass ein Produkt Zutaten enthält, die tatsächlich gar nicht enthalten sind.
Erst kürzlich hat sich der Verbraucherschutzausschuss des Europaparlaments im Rahmen des Gesetzesvorschlags zur Lebensmittelkennzeichnung über neue Regelungen zu Lebensmittelimitaten abgestimmt.
Diese Abstimmung ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Im März wird der Umweltausschuss über das Dossier abstimmen, im Mai entscheidet dann das Plenum.
Ich bin überzeugt, dass das gesamte Parlament sich hinter unser Ziel stellen wird.
Das Ziel ist es, die Verbraucher besser vor Täuschung zu schützen.
Ehrung Herr Scherpf

Meine Damen und Herren, soweit mein Europabericht.
Allerdings, bin ich heute ja nicht nur deswegen zu Ihnen gekommen.
Wie bereits auf der Einladung angekündigt, stehen auch heute wieder Ehrungen an:
Herr Scherpf, ich bin heute auch gekommen, um Ihre Verdienste um Europa zu würdigen.
Es ist mir Grund eine besondere Ehre, die heutige Versammlung dazu nutzen zu können, einen der herausragenden Köpfe und Geister der Europa-Union Hammelburg und der unterfränkischen Europa-Union mit der Europamedaille des Europäischen Parlaments zu ehren.
Dazu habe ich eine kleine Präsentation für Sie vorbereitet.
Vielen Dank!