Eingangsstatement bei Besuch der Berufschule Kitzingen-Ochsenfurt

Sehr geehrter Herr Oberstudiendirektor Buchen (Schulleiter),
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Schülerinnen und Schüler.
Einleitung
Über die Einladung in Ihre Schule habe ich mich sehr gefreut.
Deshalb bin ich auch sehr gern heute an die Staatliche Berufsschule Kitzingen-Ochsenfurt gekommen.
Ich halte es für sehr wichtig, gerade junge Leute über Europa zu informieren.
Denn Europa ist Eure Zukunft.
Europa ist die gemeinsame Zukunft für junge Menschen aus mittlerweile 27 Mitgliedstaaten.
Vorstellung
Zunächst möchte ich mich vorstellen.
Juristin
Seit 2004 Mitglied des Europäischen Parlaments
Jüngste Abgeordnete Bayerns
Listenplatz 4
Zuständig für Unterfranken: 1,3 Millionen Bürgerinnen und Bürger
Zum Vergleich:
Unterfränkische Abgeordnete im Landtag: 14 CSU, 4 SPD, 2 Grüne = 20
Unterfränkische Abgeordnete im Bundestag: 6 CSU, 4 SPD, 2 Grüne = 12
Ebenfalls zuständig für Oberfranken ==> nochmals 1,3 Millionen Bürger
Mitglied im:
Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit
Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz
Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten
Viel Arbeit in Brüssel und Straßburg bei schwierigen Mehrheitsverhältnissen
Aber auch: Arbeit im Wahlkreis – umfangreiches Serviceangebot:
Besuchergruppen, Bürgerbüro, regelmäßige Bürgersprechstunde, Newsletter, Homepage)
Anspruch: Dienstleisterin meiner Heimatregion sein
Europa auf die Region herunterbrechen
Deshalb auch: zahlreiche Besuche z.B. in Schulen
Ich bin immer wieder überrascht, wie viel man auch als einzelner Abgeordneter in Brüssel erreichen kann.
Beispiel: Weinmarktreform ==> als einzige Abgeordnete für den Erhalt des Bocksbeutelschutzes für Franken eingesetzt ==> erfolgreich!

Vorteile der EU
Die EU bietet viele Vorteile und Möglichkeiten für junge Menschen:
Lernen, Studieren, Arbeiten und Reisen ohne Grenzen
Schulpartnerschaften und das Erlernen von Fremdsprachen im Schulunterricht werden von der EU unterstützt;
der Austausch von Jugendlichen, seien sie Schüler, Studenten oder junge Arbeitnehmer, wird durch verschiedene Programme gefördert;
Schul- und Berufsabschlüsse werden europaweit anerkannt;
Studiengänge werden vergleichbar gemacht, um das Studium und die Arbeit in anderen EU-Staaten zu erleichtern;
Weiterhin fördert die EU gerade den Austausch junger Menschen während ihrer Ausbildung oder ihres Studiums.
Durch den Austausch hat man die Möglichkeit, Europa viel besser kennenzulernen.
Ich kann nur jedem empfehlen, diese Chance, wenn sie sich bietet, zu ergreifen.
Auch ich habe beispielsweise ein halbes Jahr in der französischsprachigen Schweiz studiert.
Die Erfahrungen, die ich dabei sammeln konnte, waren sehr wichtig für mich.
So konnte ich zum Beispiel meine Sprachkenntnisse entscheidend verbessern.
Diese Kenntnisse sind für meine Arbeit im Europäischen Parlament sehr wichtig, da ich auch viele Verhandlungen in Englisch oder eben auch Französisch führen muss.
Die Möglichkeiten, die die EU gerade für Euch zum Austausch bietet, möchte ich Euch jetzt kurz vorstellen.
Comenius
Konkret für Schüler hat die EU das Programm „Comenius“ eingerichtet.
Damit fördert die EU den Austausch von Schülern, wie Praxisaufenthalte im EU-Ausland, Studienbesuche oder Schulpartnerschaften.
Aber auch die Weiterbildung der Lehrer wird über Comenius gefördert.
Für solche Aktivitäten hat die EU 906 Millionen € bis 2013 zur Verfügung gestellt.
Leonardo da Vinci
Gerade für Auszubildende sehr interessantes Programm.
Mit dem Programm werden Auszubildende dabei unterstützt, ihre beruflichen Qualifikationen weiterzuentwickeln.
Das Ziel der Unterstützung ist es, die Auszubildenden für den europäischen Arbeitsmarkt fit zu machen.
Gefördert werden dabei insbesondere Austauschprojekte von Auszubildenden, Pilotprojekte in der Berufsbildung oder das Erlernen von Sprachen.
Wie wichtig der EU dieser Bereich ist, wird deutlich, wenn man sieht, dass im Rahmen des Leonardo da Vinci-Programms für den Förderzeitraum von 2007 bis 2013 insgesamt sogar 1,75 Milliarden € zur Verfügung stellt.
Denn nur mit sehr gut qualifizierten Arbeitskräften kann die EU ihr ehrgeiziges Ziel erreichen, zum dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt aufzusteigen.

Europäisches Freiwilligenprogramm
Im Rahmen des Europäischen Freiwilligenprogramms können junge Menschen auch an sozialen Programmen im Ausland teilnehmen.
Das bedeutet, dass Jugendliche bis zu einem Jahr lang an gemeinnützigen Projekten im EU-Ausland mitarbeiten können.
Die Europäische Union übernimmt dabei die Versicherung, Reise- und Unterhaltskosten und zahlt darüber hinaus noch ein kleines Taschengeld.

Frieden / Geschichte der EU
Doch die EU tut noch viel mehr für uns alle.
Wir profitieren tagtäglich von der EU.
Das wichtigste ist wohl, dass die EU der wichtigste Garant für Frieden in Europa ist – und das seit über 60 Jahren.
Diese lange Friedensperiode belegt den beispiellosen Erfolg der Europäischen Union.
Die Geschichte der Europäischen Union begann mit den Römischen Verträgen, wo sich 6 vormals verfeindete Staaten die Hand zur Zusammenarbeit gereicht haben.
Aus diesem Bündnis der sechs Gründerstaaten ist mittlerweile eine Union von 27 Staaten geworden.
Allein das ist eine beispiellose Erfolgsgeschichte und zeigt, welche Anziehungskraft die Europäische Union besitzt.
Insgesamt gab es 6 Erweiterungsrunden der Europäischen Union:
Erste Erweiterung 1973: Vereinigtes Königreich, Dänemark, Irland.
Zweite Erweiterung 1981: Griechenland.
Dritte Erweiterung 1986: Spanien, Portugal.
Vierte Erweiterung 1995: Österreich, Finnland, Schweden.
Fünfte Erweiterung 2004: Zypern, Tschechische Republik, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien.
Sechste Erweiterung 2007: Bulgarien, Rumänien.
Heute 27 Mitgliedstaaten und 3 Kandidatenländer (Kroatien, ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Türkei)

Türkei
In Bezug auf die Türkei habe ich noch meine Bedenken.
Denn im Gegensatz zu Kroatien und Mazedonien gehört die Türkei meiner Meinung nach weder geographisch noch kulturell zu Europa.
Weiterhin würde der Beitritt der Türkei die EU völlig überfordern:
Mit dem Türkeibeitritt würde sich die Einwohnerzahl der Europäischen Union nochmals um mehr als 70 Millionen Bürgerinnen und Bürger erhöhen.
Außerdem ist die Türkei ist ein Agrarstaat und in vielen Regionen nicht so weit entwickelt wie die Staaten der EU.
Dies hätte zur Folge, dass ein erheblicher Teil der europäischen Fördermittel in die Türkei fließen würden.
Nach neuen Berechnungen würde der Beitritt sogar um etwa 30 % teurer werden, als bisher angenommen.
Das Europäische Parlament hat in einem Bericht festgestellt: Behält man die momentane EU-Strukturpolitik bei, müssten bei der Aufnahme der Türkei in der nächsten Förderperiode ca. 100 Milliarden Euro an Fördergeldern zusätzlich in die Türkei fließen.
Das ist in etwa 20% des Gesamthaushalts der EU!
Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union könnten dies niemals finanzieren.
Deshalb halte ich es für unrealistisch und auch für unehrlich, der Türkei eine Vollmitgliedschaft in Aussicht zu stellen, deren Datum immer wieder verschoben werden muss.
Aus diesem Grund plädiere ich wie viele meiner Kollegen für eine Privilegierte Partnerschaft der EU mit der Türkei.
Diese Partnerschaft würde die bereits gute Zusammenarbeit der EU mit der Türkei weiter intensivieren und hätte den Vorteil, dass diese Partnerschaft sofort abgeschlossen werden könnte – ohne langwierige und ergebnisoffene Beitrittsverhandlungen.

Vorteile der EU
Doch ich will zurück zu den Vorteilen kommen, die uns die EU bietet.
Ein wichtiger Punkt ist, dass wir alle frei in Europa reisen können, ohne lange Wartezeiten an Grenzübergängen und ohne vorher noch Geld umtauschen zu müssen.
Das ist inzwischen für uns alle zur Selbstverständlichkeit geworden.
Weiterhin hat die EU beispielsweise dafür gesorgt, dass das Telefonieren mit dem Handy im Ausland billiger wird.
Denn wir haben Obergrenzen für die Roaming-Gebühren festgelegt.

Abschluss
Ihr seht, die Europäische Union tut viel für junge Menschen.
Doch auch Ihr müsst was tun.
Denn die EU lebt vom Mitmachen, vom Engagement der Menschen in Europa.
Ein erster und ganz einfacher Schritt dazu ist, wählen zu gehen.
Damit nehmt Ihr eines Eurer Grundrechte wahr und beteiligt Euch an der demokratischen Willensbildung.
Wählen gehen ist wichtig, egal ob zur Kommunalwahl, zur Landtagswahl zur Bundestagswahl oder zur Europawahl.
Und das ist der einfachste Weg, wie Ihr auch Europa mitbestimmen könnt.
Denn, wie ich am Anfang schon gesagt habe:
Europa ist Eure Zukunft.
Danke für Eure Aufmerksamkeit.
Und jetzt freue ich mich auf Eure Fragen.