Eingangsstatemen zur Podiumsdiskussion "Frauenhandel – Ein Europäischer Skandal"

Meine sehr geehrten Damen und Herren.
Herzlichen Dank für die Einladung zu diesem Abend.
Gerne habe ich zugesagt, denn das Thema „Menschen- und Frauenhandel“ ist aktuell und ungemein wichtig.
Ich hoffe, dass die heutige Diskussion dieses bedeutende Thema in das Bewusstsein der Öffentlichkeit rückt.
Vielen Frauen hier bei uns geht es gut.
Aber es gibt in Europa viele – vor allem junge – Frauen, denen es bei Weitem nicht so gut geht.
Sie wurden und werden als menschliche Ware behandelt, zur Prostitution oder zu Billigarbeit gezwungen, körperlich und psychisch misshandelt.
Das meine Damen und Herren, - davor dürfen wir unsere Augen nicht verschließen – geschieht tagtäglich tausendfach in Deutschland und in Europa.

Der Menschen- und ganz besonders der Frauenhandel haben verschiedene Ursachen.
Ein Teil der Gründe liegen in der Armut, den schwierigen Sozialverhältnissen und den schlechten Bildungs- und Berufsaussichten in den Staaten, aus denen die Frauen nach Europa gebracht werden.
Aber auch die Tatsache, dass es hier bei uns einen immer größeren Markt für die Dienste dieser Frauen gibt – sei es im Rotlichtmilieu oder als billige und billigste Arbeitskräfte –, hat zu einem rasanten Wachstum des Menschenhandels in den vergangenen Jahrzehnten geführt.
Deshalb muss dieses Übel an all diesen verschiedenen Wurzeln bekämpft werden.

Menschenhandel findet – fast schon begriffsnotwendig – grenzübergreifend statt.
Aus diesem Grund müssen auch die Anstrengungen zur Bekämpfung des Menschen- und Frauenhandels grenzübergreifend koordiniert werden.
Dies hat die Europäische Union erkannt und sie handelt.
Aber – und das möchte ich besonders betonen – der Frauenhandel ist ein Gesellschaftsproblem, das alle etwas angeht.
Bei diesem Thema müssen alle etwas tun.
Es genügt nicht, die Hände in den Schoß zu legen und die Politik machen zu lassen.
Wir – das Europäische Parlament, aber auch meine Kolleginnen und Kollegen auf Landes- und Bundesebene – engagieren uns gegen den Frauenhandel.
Dabei zielen die Bemühungen der EU darauf ab, die Lebens- und Bildungsverhältnisse der Frauen in ihren Heimatländern zu verbessern, die Strafvorschriften innerhalb der EU zu harmonisieren, aufzuklären und Programme für Aufklärung, Prävention und Opferschutz zu fördern.
Denn nur durch gemeinsame Anstrengungen von Europa, den Mitgliedsstaaten, den Nicht-Regierungsorganisationen und den Menschen kann dieses Übel unserer modernen Gesellschaft bekämpft werden.
Deshalb – und ich möchte diese Gelegenheit wahrnehmen, Ihnen, Frau Hofmann, ganz herzlich für Ihr Engagement zu danken – deshalb ist die Arbeit von Vereinen wie Solwodi so hilfreich, so notwendig.

Ich möchte Ihnen nun kurz einen Überblick über die Maßnahmen der Europäischen Union gegen den Frauenhandel geben, damit wir anschließend in eine fruchtbare Diskussion einsteigen können.
Seit 1996 setzt sich die Europäische Union aktiv für die Entwicklung eines umfassenden, multidisziplinären Konzepts zur Prävention und Bekämpfung des Menschenhandels ein, an dem sich alle einschlägig tätigen Akteure – NRO und Sozialbehörden sowie Justiz-, Strafverfolgungs- und Einwanderungsbehörden – beteiligen.
Da Frauen besonders gefährdet sind, muss diesem Problem auch unter dem Aspekt der Förderung der Gleichstellung der Geschlechter begegnet werden.
Gerade das Europäische Parlament fordert entschlossen weitere Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung des Menschenhandels auf EU-Ebene, wie mehrere Entschließungen, teilweise speziell zum Frauenhandel, zeigen.
Es besteht allgemeines Einvernehmen darüber, dass folgende Maßnahmen weiter entwickelt werden müssen:
Präventivmaßnahmen,
Strafrechtsvorschriften sowie die Zusammenarbeit der Polizei- und Justizbehörden,
Schutz, Unterstützung und Beistand für die Opfer,
und weitgehende Kooperationsmaßnahmen.

In einer ersten Mitteilung über den Frauenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, die die Europäische Kommission 1996 vorlegte, wird eine europäische Strategie zur Prävention und Bekämpfung dieses Problems entwickelt.
1996 wurde außerdem der Auftrag von Europol dahingehend ausgeweitet, dass auch die Bekämpfung des Menschenhandels in die Zuständigkeit dieser Organisation fällt.
Darüber hinaus wurde im November 1996 das Förder- und Austauschprogramm STOP eingeleitet, mit dem Maßnahmen der Verantwortlichen für die Bekämpfung von und Vorbeugung gegen Menschenhandel und der sexuellen Ausbeutung von Kindern unterstützt werden.
Im Februar 1997 nahm der Rat eine gemeinsame Maßnahme an, in der die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, ihre Strafrechtsvorschriften zum Menschenhandel und zur justitiellen Zusammenarbeit zu überprüfen und eine Verstärkung des Opferschutzes in Gerichtsverfahren vorzusehen.
Schließlich wurde 1997 die DAPHNE-Initiative zur Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen auf den Weg gebracht.
Im Dezember 2000 wurde sie in Form des Programms DAPHNE II verlängert.
DAPHNE hat einen weiteren Ansatz als das STOP Programm, indem Gewalt gegen Frauen und Kindern im Allgemeinen, einschließlich Menschenhandel, abgedeckt werden.

In einer zweiten Mitteilung zu weiteren Maßnahmen zur Bekämpfung des Frauenhandels, die die Kommission im Dezember 1998 vorlegte, wurden die bis dahin erzielten Fortschritte geprüft und eine Reihe neuer Initiativen sowie die Vertiefung bereits laufender Maßnahmen empfohlen.
Es geht dabei insbesondere um folgende Ziele:
Dem Problem des Menschen- und Frauenhandels weiterhin einen hohen Stellenwert auf der politischen Agenda zu sichern;
die internationale und europäische Zusammenarbeit mit den Regierungen und NGOs der Herkunfts-, Transit- und Zielländer zu verstärken;
entschlossener auf ein zweigliedriges, interdisziplinäres Vorgehen mit Prävention, Ursachenforschung, Strafverfolgung und wirkungsvoller Bestrafung der Menschenhändler einerseits und Unterstützung der Opfer andererseits zu setzen.

Auf ihrer Tagung in Tampere vom Oktober 1999 bezeichneten die Staats- und Regierungschefs die Bekämpfung des Menschenhandels als prioritäre Angelegenheit.
Auf der Tagung des Europäischen Rates in Lissabon vom März 2000 forderten die Teilnehmer die Festlegung gemeinsamer Ziele bei der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung sowie die Entwicklung von vorrangigen Maßnahmen für gefährdete Personengruppen je nach der Situation in den einzelnen Mitgliedstaaten.
Diese gemeinsamen Ziele wurden vom Europäischen Rat auf seiner Tagung in Nizza im Dezember 2000 bekräftigt.
Die dazu erforderlichen finanziellen Anstrengungen der Mitgliedstaaten werden auf Gemeinschaftsebene durch Interventionen der Strukturfonds, insbesondere des Europäischen Sozialfonds, unterstützt.
Sie sehen, meine Damen und Herren, dass sich die Europäische Union und ganz besonders das Europäische Parlament seiner Verantwortung gerade auch bezüglich dieses schwierigen Themas bewusst sind.
Mit den schon erwähnten Programmen DAPHNE und STOP hat die Europäische Union spezielle Fördertöpfe für den Kampf gegen den Frauenhandel.
Zusätzlich werden bei verschiedenen Maßnahmen noch Mittel aus anderen EU-Förderprogrammen zur Verfügung gestellt.
Die Europäische Union nimmt damit ihre Verantwortung war.
Aber – und das möchte ich auch betonen – dies entbindet weder die nationalen Regierungen, noch die Menschen von ihrer Verantwortung, ja von ihrer Pflicht, aktiv gegen dieses Übel zu kämpfen.
Ich danke Ihnen allen, dass Sie heute abend gekommen sind.
Denn alleine durch Ihre Anwesenheit und durch Ihr Interesse zeigen Sie Flagge.
Das freut mich, herzlichen Dank.
Und nun, meine Damen und Herren, freue ich mich auf eine interessante Diskussion.
Vielen Dank.