Binnenmarktausschuss stimmt über Konzessionsrichtlinie ab

Keine Zwangsliberalisierung des Wassersektors

Am heutigen Donnerstag stimmte der Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments über die Konzessionsrichtlinie ab. Sie schreibt für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen erstmals ein europaweites Ausschreibungsverfahren vor. In Deutschland hat der Gesetzentwurf der Europäischen Kommission Kontroversen über die Zukunft der Wasserversorgung und anderer Sektoren ausgelöst.
Die zuständige Europaabgeordnete Anja Weisgerber, CSU, und der Vorsitzende der CSU-Gruppe Markus Ferber erklären dazu: „Die CSU hat von Anfang an mit Nachdruck gegen die Konzessionsrichtlinie gekämpft. Wir haben schon im Binnenmarktausschuss einen Änderungsantrag zur Ablehnung der gesamten Richtlinie gestellt, denn sie bringt für die Kommunen nur zusätzliche Bürokratie und ist zur Stärkung des Binnenmarktes nicht erforderlich. Leider ist eine große Mehrheit der SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament für die Konzessionsrichtlinie. Der Oberbürgermeister der Stadt München, Christian Ude, hätte besser seine SPD-Kollegen hinter sich gebracht, anstatt medienwirksam gegen „eine neue Privatisierungs-Attacke gegen die Kommunen" zu wettern."

Entwarnung für die Trinkwasserversorgung
Im Rahmen der Daseinsvorsorge bieten die kommunalen Versorger Leistungen auf hohem Niveau. Der im europäischen Vergleich überdurchschnittlich hohe Qualitätsstandard unseres Trinkwassers belegt dies eindrucksvoll. „Wir sind daher der Auffassung, dass an der kommunalen Selbstverwaltung gerade in einem so elementaren und sensiblen Bereich wie der Trinkwasserversorgung nicht gerüttelt werden darf. Der Einsatz für eine kommunalfreundliche Praxis hat sich gelohnt, es wird keine Privatisierung der Trinkwasserversorgung, auch nicht durch die Hintertür, geben“, so die Europaabgeordneten.
Der jetzt gefundene Kompromiss sieht eine Ausnahme von der Ausschreibungspflicht für kommunale Zweckverbände und kommunale Eigenbetriebe vor. In Bayern wird die Wasserversorgung oft in diesen Formen von den Kommunen erbracht. Soweit Stadtwerke - etwa durch Umsätze in der Strom- oder Gassparte - Konzessionen auch in anderen Sparten ausschreiben müssen, kann durch Abspaltung der Wassersparte eine europaweite Ausschreibungspflicht verhindert werden. Für diese Umorganisation sieht die Richtlinie nach dem angenommenen Kompromissvorschlag eine Übergangsfrist bis 2020 vor. Die Kommunen können danach entscheiden, ob sie die Wasserversorgung selbst vornehmen oder privat vergeben wollen. Außerdem bleiben bestehende Konzessionsverträge von der neuen Richtlinie unberührt.
"Damit können wir Entwarnung geben: Es wird nicht zu einer Liberalisierung der kommunalen Trinkwasserversorgung kommen. Die Trinkwasserversorgung ist eines unserer wertvollsten Güter und darf nicht in die Hände von Großkonzernen fallen. In den Verhandlungen mit dem Ministerrat werden wir uns weiterhin auch noch für eine vollständige Ausnahme des Wassersektors einsetzen", so Weisgerber und Ferber.

Rettungsdienste nicht betroffen
Nach dem Kommissionsentwurf waren zunächst auch die Rettungsdienste von einer europaweiten Ausschreibungspflicht betroffen. „Sehr erfreulich und wichtig für Bayern ist, dass wir zum Zivilschutz und damit zu den Rettungsdiensten eine vollständige Ausnahme vom Anwendungsbereich der Richtlinie durchgesetzt haben“, so die beiden Europaabgeordneten abschließend.
Das Gesetzgebungsverfahren zur Konzessionsrichtlinie ist noch nicht abgeschlossen. Nach den Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission wird das Europäische Parlament voraussichtlich im Mai im Plenum darüber abstimmen.

Hintergrund:
Mit der Konzessionsrichtlinie wird erstmals ein europäischer Rechtsrahmen für die Vergabe von Bau- und Dienstleistungskonzessionen geschaffen. Plant eine öffentliche Einrichtung die Vergabe einer Konzession, hat sie diese europaweit auszuschreiben, wenn keine Ausnahme greift. An der Ausschreibung können private und öffentliche Unternehmen teilnehmen.
Konzessionen sind Verträge mit üblicherweise langen Laufzeiten, die zwischen der öffentlichen Hand als Auftraggeber und einem Auftragnehmer geschlossen werden. Der Konzessionsnehmer führt den Gegenstand der Konzession aus (Bauarbeiten oder Dienstleistungen). Er trägt das wirtschaftliche Risiko und refinanziert sich durch Zahlungen, die die Benutzer der öffentlichen Infrastruktur oder der Dienstleistungen erbringen.
Eigenbetriebe sind öffentliche Unternehmen, die Aufgaben für ihre Kommune erfüllen.