Anja Weisgerber fordert einheitliche und gut lesbare Lebensmittelkennzeichnung

Am Freitag, 23. Oktober 2009, besuchte die Europaabgeordnete Anja Weisgerber den EDEKA-Markt Trabold in Würzburg, um sich vor Ort über die schon bestehenden Systeme der Kennzeichnung zu informieren. “Wir haben europaweit noch keine einheitlichen Kennzeichnungsvorschriften. Viele Lebensmittel­produzenten kennzeichnen ihre Produkte bereits freiwillig. Jeder kann aber sein eigenes System verwenden. Das ist nicht verbraucherfreundlich”, kritisierte die verbraucherschutzpolitische Sprecherin der CSU-Gruppe im Europäischen Parlament. “Europa scheint immer sehr weit weg, aber gerade hier wird deutlich, wie wichtig europäische Regeln sind. Denn viele Produkte werden in ganz Europa vertrieben. Darum brauchen wir ein europaweit einheitliches System.” Der Gesetzesvorschlag befindet sich zurzeit in der ersten Lesung.



“Ich werde mich auf europäischer Ebene für eine gut lesbare und verständliche Kennzeichnung von Lebensmitteln einsetzen. Denn unser aller Ziel muss der mündige Verbraucher sein, der sind umfassend informieren und sich so leichter für gesunde Produkte entscheiden kann”, so Weisgerber weiter. Eine Lebensmittelkennzeichnung könne zu einer gesünderen Lebensweise beitragen, sei allein jedoch nicht ausreichend. “Gleichzeitig brauchen wir einen ganzheitlichen Ansatz, der in den Kindergärten und Schulen mit Ernährungsbildung beginnt und auch Sportprogramme einschließt”, so die unterfränkische Abgeordnete.



Viele große Markenhersteller und auch EDKEA verwenden für ihre Eigenmarken bereits die sogenannte GDA-Kennzeichnung, die auf der empfohlenen Tageszufuhr basiert und Angaben zum Kalorien-, Salz-, und Zuckergehalt sowie zum Anteil an gesättigten und ungesättigten Fettsäuren (sog. „1 plus 4-Modell“) eines Produktes enthält. “So kann ich als Verbraucherin auf einen Blick erkennen, wie viel Prozent meines Tagesbedarfs an Fett, Salz, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Kalorien ich zu mir nehme, wenn ich zum Beispiel eine Pizza esse. Das wird mir in einer grafischen Darstellung verdeutlicht”, lobte Weisgerber das System. Das System wird auch von der Bundesregierung unterstützt, die eine Kalorienangabe auf der Vorderseite fordert. Auch der Inhaber des EDEKA-Markts Marco Trabold spricht sich für das „1 plus 4­­-Modell“ aus und regt außerdem an, dass sich diese Angaben auf die Portion und zusätzlich auf 100 Gramm beziehen sollten, um eine Vergleichbarkeit zu erreichen. „Für kleine Unternehmer, wie Bäcker, Fleischer und sonstige Direktvermarkter, die ihre Produkte nur in relativ kleinen Mengen und nicht europaweit verkaufen, müssen aber Sonderregelungen gefunden werden.”



Kritisch steht Weisgerber jedoch der Ampelkennzeichnung gegenüber: In wissenschaftlichen Studien sei nachgewiesen worden, dass die farbliche Kennzeichnung häufig falsch interpretiert werde. So wurde eine rote Kennzeichnung als Stopp-Signal gewertet und damit der Eindruck erweckt, das Produkt sei besser gar nicht zu konsumieren. Ein Olivenöl würde zum Beispiel bezüglich des Fettgehalts eine rote Ampel bekommen, obwohl es im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung durchaus gesund ist. Die Ampel kennzeichnet weiterhin jeden einzelnen Nährwert farblich, was dazu führen kann, das ein Produkt einen roten, zwei gelbe und zwei grüne Punkte erhält. So wird der Verbraucher verwirrt und die Entscheidung für oder gegen ein Produkt wird eher erschwert, als erleichtert. “Ein Ampelkennzeichnung führt außerdem zu absurden Ergebnissen: Muttermilch müsste eine rote Kennzeichnung für den Fettgehalt bekommen. Naturtrüber Apfelsaft bekäme eine rote Ampel für den Zuckergehalt, während eine Cola light, die von Ernährungswissenschaftlern u. a. wegen des Süßstoffgehalts durchaus kritisch betrachtet wird, eine grüne Kennzeichnung bekäme”, kritisierte die CSU-Abgeordnete. Aus eben diesen Gründen wurde die Ampelkennzeichnung in Großbritannien, wo sie bereits von vielen Lebensmittelherstellern verwendet wurde, wieder abgeschafft. “Auch Lebensmittelimitate bekämen grundsätzlich eine bessere Kennzeichnung als Originalprodukte.” Marco Trabold ist ebenfalls gegen die Ampelkennzeichnung. „Ich sehe mich als Sprachrohr der Kunden. Deshalb fordere ich eine europaweit einheitliche und informierende Kennzeichnung – das ist die Ampel gerade nicht. Wichtig ist auch, dass die in Brüssel beschlossene Lebensmittelkennzeichnung in Deutschland eins zu eins umgesetzt wird und die Bundesregierung keine darüber hinausgehende Regelungen beschließt, sonst ist das richtige Ziel der europaweiten einheitlichen Regelung wieder torpediert“, so Trabold.



Laut Weisgerber gehört zu einer guten Verbraucherinformation aber nicht nur eine umfassende Nährwertkennzeichnung, sondern auch Ehrlichkeit darüber, was in einem Produkt enthalten ist. “In den letzten Monaten häufen sich Berichte über Lebensmittelimitate, z. B. Analogkäse und Formschinken. Diese weit verbreitete Praxis führt Verbraucher in die Irre. Das ist nicht hinnehmbar. Darum werde ich mich im Rahmen der europäischen Gesetzgebung dafür einsetzen, dass es in Zukunft hier eine deutlichere Kennzeichnungspflicht geben wird”, so Weisgerber abschließend. Auch jetzt könne der Verbraucher sich schon informieren, indem er auf die Zutatenliste achte und bei der Angabe “Pflanzenfettmischung” hellhörig werde. Hier muss er wissen, dass ein Käseimitat verwendet wurde.