Strom- und Gaspreisbremse beschlossen – aber handwerklich schlecht gemacht

Aktuelles aus Berlin, 20. Dezember 2022

Zu spät, zu kompliziert und lückenhaft


Seit Monaten befinden sich die Energiepreise in einem massiven Anstieg. Die Ursache dafür ist der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Gleichzeitig verstärken der Krieg und seine Folgen andere Entwicklungen wie die Angebotsschwäche im europäischen Strommarkt.

Die Bundesregierung hat in dieser Zeit zu spät, zu zögerlich und oft auch falsch reagiert. So wollte die Ampel durch die Gasumlage den Preis weiter verteuern, anstatt bereits im Sommer wirkungsvolle Entlastungen auf den Weg zu bringen. Zudem verfolgt die Ampel im Rahmen der Strompreisbremse einen überaus komplizierten, aus unserer Sicht falschen Weg der Abschöpfung sogenannter Übergewinne.

Das haben wir als Opposition deutlich kritisiert. Das hat dazu geführt, dass die Entwürfe der Ampel bereits vor und während des Gesetzgebungsverfahrens mehrfach substanziell verändert werden mussten. Damit steht der „Alles-ist-gut- Rhetorik“ des Bundeskanzlers eine große Verunsicherung bei Bürgerinnen und Bürgern, bei der Wirtschaft, aber auch bei den Ländern und Kommunen gegenüber.

Erheblich zu dieser Verunsicherung beigetragen haben das Zögern und Zaudern und die chaotischen Verfahren der Ampel. Entscheidungen dieser Tragweite bedürfen rechtzeitiger und sorgfältiger Vorbereitungen. Dafür hätte es in diesem Sommer und Herbst ausreichend Zeit gegeben. Stattdessen wurden über 400 Seiten Änderungsanträge nur wenige Stunden vor Beginn der finalen Ausschussbefassung verschickt. Das passt in das Bild des gesamten Verfahrens, bei dem die Länder und Verbände erst gar nicht und dann mit einer Frist von nicht einmal einem Tag beteiligt wurden. So klaffen nach diesem Prozesschaos auch weiterhin wesentliche Lücken in beiden Gesetzen. Auch in der finalen Ausschusssitzung konnte die Ampel in wichtigen Umsetzungsfragen nur auf weitere Ankündigungen zurückgreifen, etwa hinsichtlich der Ausgestaltung von Härtefallfonds für Öl und Pellets. Das ist zu wenig. So droht die einzige Bremse, die verlässlich funktioniert, mehr und mehr die Ampel selbst zu sein.

Obwohl wir die Notwendigkeit zur Entlastung von Bürgern und Betrieben frühzeitig adressiert haben und auch weiterhin mit Nachdruck unterstreichen, haben wir sowohl der Gas- als auch der Strompreisbremse nicht zustimmen können. Unsere zentralen Punkte haben wir in den Anhörungen, in den Ausschusssitzungen und schließlich in zwei Entschließungsanträgen zur Abstimmung gestellt. Diese wurden von den Ampel-Fraktionen abgelehnt.

Gleichzeitig ist es uns im parlamentarischen Verfahren an mehreren entscheidenden Stellen gelungen, die Gesetzgebung entlang unserer Forderungen deutlich zu beeinflussen, zum Beispiel mit Blick auf die Angleichung der administrativen Voraussetzungen und damit einen Gleichlauf für die Umsetzung der beiden Bremsen. Wir machen konstruktivkritische Oppositionsarbeit und werden unsere Arbeit in diesem Sinne fortsetzen.

Die Entlastung für Flüssiggas, Heizöl und Pellets steht trotz der Ankündigungen der Ampel weiter im Trüben. Dass diese Entlastungen nur für Privathaushalte und nicht auch für Betriebe gelten sollen, ist nicht nachvollziehbar. Auch die Abschöpfungsregeln bei der Strompreisbremse sind in Detailfragen immer wieder angepasst worden, gelungen sind sie weiterhin nicht. Für die Bioenergie wurde zunächst ein sogenannter „Sicherheitszuschlag“ für die Deckung steigender Kosten von 3 Cent, dann 6 und 7,5 Cent, zwischenzeitlich sogar 12 Cent und schlussendlich 9 Cent angesetzt. Es ist ein Erfolg unserer Arbeit, dass die Bioenergie durch einen deutlich höheren Zuschlag nicht schon wieder flächendeckend ausgebremst wird. Schon dem Vorschlag zur Aufhebung des Bioenergie-Deckels ist die Ampel in diesem Spätsommer erst nach wiederholten Vorschlägen von CDU/CSU gefolgt.

Es verbleiben erhebliche Zweifel, ob die gefundenen Regelungen beihilferechtlich so umgesetzt werden können, dass die Entlastungen auch bei den Unternehmen, insbesondere den energieintensiven, ankommen. Zugleich wurden die Hürden entgegen den Empfehlungen der Gaskommission und über EU-Vorgaben hinaus so hochgeschraubt, dass in weiten Teilen der Industrie die Deckel von sieben Cent für Gas und 13 Cent für Strom gar nicht greifen werden. Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Lieferketten stehen auf dem Spiel, es droht ein Verlust der industriellen Substanz. Sich hinter unionsrechtlichen Regelungen zu verstecken, reicht nicht. Hier muss die Ampel dringend nachverhandeln. Wir jedenfalls werden einer schleichenden Deindustrialisierung Deutschlands weiterhin entschlossen entgegentreten.