81. Plenarrede von Dr. Anja Weisgerber zum Gesetzentwurf zur Änderung des Atomgesetzes

Rede im Deutschen Bundestag, 22. September 2022

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Auch Machiavelli wusste: „Mit Wankelmut und Nachgiebigkeit erreicht man gar nichts.“ Der Wankelmut von Bundesminister Habeck wird vor allem durch die von ihm vorgeschlagene Notreserve für nur zwei Kernkraftwerke deutlich. Die Einsatzreserve ist eine totale Fehlkonstruktion und auch nicht praktikabel. Wir halten die Kernkraftwerke für viel Geld vor und wissen noch gar nicht, ob wir sie dann wirklich nutzen. Das verursacht Kosten, möglicherweise ohne auch nur eine Kilowattstunde günstigen Strom zu produzieren. Das ist, ehrlich gesagt, lieber Herr Minister, liebe Frau Ministerin, ein schlechter Witz. Die anderen Länder Europas schütteln doch den Kopf über diese Entscheidung der Ampelregierung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Menschen in unserem Land merken, wenn sie verschaukelt werden. Und sie merken auch, wenn die Regierung nicht alle Optionen nutzt, die wir haben. 

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Auch der Stresstest besagt, dass Netzengpässe drohen, wenn wir die drei noch am Netz befindlichen grundlastfähigen Kernkraftwerke vom Netz nehmen.
Deshalb legen wir heute einen ganz konkreten Gesetzentwurf vor, mit dem wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür schaffen, die Kernkraftwerke zumindest bis Ende 2024 weiterlaufen zu lassen. Denn das ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, neben dem wichtigen Ausbau der erneuerbaren Energien - ich betone das: neben dem Ausbau - die einzig richtige Entscheidung, auch im Hinblick auf die Energieversorgungssicherheit und die Preisentwicklung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, entscheiden Sie nicht nach Parteiprogramm und Ideologie, sondern treffen Sie endlich eine pragmatische Entscheidung und unterstützen Sie unseren Gesetzentwurf. Ein erstes Signal in die Richtung haben wir ja heute von der FDP gehört.

(Beifall bei der CDU/CSU) 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir könnten in unserem Land Vertrauen wieder zurückgewinnen, wenn wir in so einer Krisensituation über Parteigrenzen hinweg zusammen die notwendigen Entscheidungen treffen würden. Der Gesetzentwurf bedeutet keinen Ausstieg aus dem Ausstieg, sondern er stellt lediglich eine Brücke dar. Gleichzeitig müssen wir den Ausbau der erneuerbaren Energien massiv beschleunigen. Dafür brauchen wir auch Planungsbeschleunigung, nicht nur im Hinblick auf die Windenergie, wie Sie es vorschlagen. 
Und ja, ich komme aus Bayern, aus Franken, wie man hört. Ich weiß, was jetzt einige von ihnen wieder gleich zwischenrufen. Aber sprechen wir doch über die Fakten. Bayern ist spitze bei der Energieerzeugung aus Sonne, Wasser und Biomasse. Kein Land hat so viel grundlastfähige - ich wiederhole: grundlastfähige - erneuerbare Energien wie Bayern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bayern produziert mehr Energie durch Wasserkraft, als Rheinland-Pfalz an erneuerbaren Energien in Summe produziert. Wir haben in Bayern mehr Bioenergie, als Hessen an erneuerbaren Energien insgesamt produziert.

(Marianne Schieder (SPD): Ist auch größer!)

Und bei der Windkraft liegt Bayern allen Unkenrufen zum Trotz auf Platz acht, was die installierte Leistung angeht. Klar, wir können immer besser werden.

(Carsten Träger (SPD): Sind das Pro-Kopf-Werte oder Gesamtwerte?)

Aber keiner von Ihnen hat überhaupt registriert, dass wir in bestimmten Bereichen, nämlich in den Vorranggebieten, wo Windkraftwerke gebaut werden, Ausnahmen von der 10-H-Regelung gemacht haben. 

(Alexander Dobrindt (CDU/CSU): Wie viele werden denn in Baden-Württemberg gebaut? - Marianne Schieder (SPD): Der Vergleich mit Saarland wäre gut! Dann wäre es dreimal mehr!)

Wir brauchen alle Optionen, ja: Wind und Biomasse. Aber wir brauchen eben auch die weitere Nutzung der Kernenergie. Die Aufregung über das Ventil bei Isar 2 ist ein reines Ablenkungsmanöver. Das ist nicht sicherheitsrelevant. Das ist ein routinemäßiger Vorgang.
Wenn Sie, liebe Ampel, jetzt endlich die notwendige Entscheidung treffen würden, dann könnten wir die drei dringend notwendigen Kernkraftwerke neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien weiterlaufen lassen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)