76. Plenarrede von Dr. Anja Weisgerber zum Etatentwurf des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz

Rede im Deutschen Bundestag, 22. März 2022

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Das Wort „Budget“ basiert auf dem altfranzösischen Begriff „bougette“, und das bedeutet: Lederbeutel. In diesem führten die Menschen früher ihr Geld mit. Und so ein Lederbeutel ist entweder mit vielen Münzen oder mit wenigen Münzen gefüllt.

Um im Bilde zu bleiben: Der Lederbeutel des Bundesministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz ist etwas leerer als im vergangenen Jahr. Das hat auch mit den neuen Zuständigkeiten des Hauses zu tun. Damals wie heute müssen die Menschen entscheiden, was sie mit diesen Münzen im Lederbeutel, mit dem Geld, das sie zur Verfügung haben, machen. Wo möchten sie investieren? Wo sind die Schwerpunkte? Und wie ist die Reihenfolge der Prioritäten? In ein paar Punkten stimmt die Union mit der von Frau Ministerin aufgezeigten Prioritäten überein, in einigen anderen nicht. Dabei kommt es das eine oder andere Mal auf die Umsetzung und auf die Ausgestaltung an.

In meiner Rede gehe ich auf zwei unserer Schwerpunkte ein: die Klimaanpassung und die Kreislaufwirtschaft in Verbindung mit dem Verbraucherschutz.

Zum Thema Klimaanpassung. Fakt ist: Der menschengemachte Klimawandel findet statt, auch bei uns in Deutschland. Das mussten wir im vergangenen Jahr in Teilen von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und auch in Bayern auf besonders leidvolle Weise erleben.

(Zuruf von der AfD: Großer Unfug!)

Ganze Existenzen wurden binnen weniger Stunden zerstört. Die Schäden gehen in Milliardenhöhe. Menschen wurden verletzt, und manche Menschen haben auch ihr Leben verloren.

(Zurufe von der AfD)

Deshalb ist die Klimaanpassung in all ihren Facetten ein wesentlicher Pfeiler des Klimaschutzes. Das haben wir in der letzten Legislaturperiode auch gegenüber dem damaligen Koalitionspartner immer wieder zum Ausdruck gebracht. Und, liebe Ampelregierung, ich muss Ihnen ein Lob aussprechen; denn Sie haben in Ihrem Koalitionsvertrag mit der Ankündigung einer Klimaanpassungsstrategie und eines Klimaanpassungsgesetzes einen zentralen Punkt unseres Unionwahlprogrammes aufgegriffen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Neben den beiden Säulen „Soforthilfen“ und „Wiederaufbau“ muss auch die Klimavorsorge dabei eine ganz prominente Rolle spielen. Denn wir müssen dafür sorgen und sicherstellen, dass in Zukunft die Schäden an Mensch, Tier, Umwelt und Infrastruktur gar nicht erst entstehen: durch Prävention und durch Klimaanpassung. Sie, liebe Ampel, müssen jetzt zeigen, dass Sie es ernst meinen mit Ihrer Klimaanpassungsstrategie, indem Sie entsprechend finanzielle Mittel zur Verfügung stellen und auch die Anpassungsstrategie mit Leben füllen.

(Zuruf der Abg. Judith Skudelny (FDP))

Andernfalls wird dieses Prestigeprojekt in Ihrem Ressort, Frau Ministerin, wie eine Seifenblase zerplatzen. Das wollen wir nicht; denn die Klimaanpassung und der Schutz von Mensch, Natur und Umwelt sind uns wirklich sehr wichtig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ein zweiter Schwerpunkt von CDU und CSU ist die Kreislaufwirtschaft in Verbindung mit dem Verbraucherschutz. Deutschland ist ein rohstoffarmes Land. Deshalb müssen wir die Rohstoffe und Materialien, die wir einmal im eigenen Land haben, immer wieder nutzen, und wir müssen die Kreislaufwirtschaft immer weiter stärken. Gerade der völkerrechtswidrige Krieg in der Ukraine zeigt uns, wie abhängig Deutschland immer noch von Rohstoffimporten ist. Die neue politische Situation hat vieles verändert, und wir müssen jetzt die Konsequenzen ziehen.

Die Rohstoffe, die wir nutzen, kommen aus drei Quellen: aus Importen, aus der Nutzung eigener nationaler Rohstoffvorkommen und der Nutzung von Sekundärrohstoffen. Klar ist, dass Deutschland als Industrienation auch künftig nicht ohne Rohstoffimporte auskommen wird; aber wir müssen diese Importe so weit wie möglich substituieren. Und da ist auch die Effizienz beim Rohstoffeinsatz besonders wichtig. Die müssen wir steigern. Produkte sollten deshalb auch so hergestellt werden, dass sie reparierbar sind und länger haltbar.

Deshalb sagen wir: Das von der Bundesregierung geplante Recht auf Reparatur werden wir, auch im Sinne eines nachhaltigen Verbraucherschutzes, kritisch begleiten. Nachhaltig ist es aber nur, wenn es den Verbrauchern und der Umwelt am Ende wirklich etwas nutzt und wenn es auch für die Unternehmen machbar ist, dies umzusetzen. Und - als ehemalige Europaabgeordnete möchte ich auch das betonen - wir müssen beobachten, was die Europäische Union an dieser Stelle macht. Führt sie eventuell schon auf europäischer Ebene ein Recht auf Reparatur ein? Die Antwort auf diese Fragen muss die Basis sein für die Entscheidung auf nationaler Ebene.

Frau Ministerin, ich sage Ihnen noch eines: Einen neuen Preistreiber, der der Umwelt und den Menschen unter dem Strich nichts nutzt, sowie einen nationalen Alleingang und Überregulierung - das brauchen wir definitiv nicht, und da werden wir auch den Finger in die Wunde legen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Kern der Substitution von Rohstoffen ist die Kreislaufwirtschaft. Diese müssen wir stärken. Sie muss die tragende Säule der Rohstoffversorgung unseres Landes werden; das möchte ich noch einmal betonen. Aber, Frau Ministerin, dafür müssen wir auch die rechtlichen Rahmenbedingungen weiterentwickeln. Und da gehört es auch zur Wahrheit, dass wir bestehende Hemmnisse abbauen müssen.

Stoffrecht, Chemikalienrecht, Lebensmittelrecht bis hin zur Normung müssen überprüft werden; denn Sekundärrohstoffe sind keine Abfälle, es sind Wertstoffe. Deshalb müssen wir die Schadstoffgrenzwerte auch so ansetzen, dass Sekundärrohstoffe nicht als Abfälle eingestuft werden, sondern eben als Rohstoffe weiter genutzt werden müssen. Auch da muss die Ampelregierung zeigen, dass sie es mit der Kreislaufwirtschaft wirklich ernst meint.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der rechtliche Rahmen ist das eine. Zur Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft zählen aber auch Innovationen; zudem sind Investitionen erforderlich. Stichworte sind hier: neue Technologien bei der Sortierung und Aufbereitung der Abfälle wie zum Beispiel auch die Weiterentwicklung des chemischen Recyclings. Kreislaufwirtschaft ist auf der einen Seite Umweltschutz und gleichzeitig eine Chance für unsere Wirtschaft - Stichwort „Circular Economy“ -, wirklich die Rohstoffe in unserem Land zu halten und wieder zu nutzen. Nutzen wir diese Chance auf nationaler Ebene.

Die Kreislaufwirtschaft hat aber auch eine internationale Dimension; Sie haben es angesprochen. Uns alle erfüllt die zunehmende Vermüllung der Weltmeere mit Sorge. Und ja, Frau Ministerin, es ist ein Erfolg, dass auf der Umweltversammlung der Vereinten Nationen in Nairobi Anfang März ein Mandat für die Verhandlung eines internationalen Abkommens gegen die Vermüllung erteilt wurde. Aber wir müssen jetzt handeln. Und deswegen, Frau Ministerin, bin ich sicher, dass wir mit Ihrer Hilfe auch die erforderlichen Einsparmöglichkeiten dafür finden, dass wir Entwicklungsländer beim Aufbau von Abfallsammelsystemen und Sortiersystemen stärker unterstützen. Auch dafür muss Platz in diesem Haushalt sein.

Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)