62. Plenarrede von Dr. Anja Weisgerber zum Thema Brennstoffemissionshandel

Rede im Deutschen Bundestag, 08. Oktober 2020

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Klimaschutzpaket haben wir eine sehr solide Grundlage für einen wirksamen Klimaschutz gelegt. Das Klimaschutzgesetz, das wir schon beschlossen haben, gibt sektorscharfe Klimaziele vor, ein Monitoring, das auch die Zielerreichung garantiert. Mit über 60 Maßnahmen unterstützen wir die Menschen beim Umstieg auf klimafreundliche Technologien. Und das Dritte, was wir jetzt auch noch mal verschärfen, ist das Brennstoffemissionshandelsgesetz. Damit geben wir dem schädlichen Klimagas CO2 auch in den Sektoren Wärme und Verkehr ab 2021 einen Preis. Und das ist der richtige Weg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir steigen moderat ein, der Preis steigt aber auch kontinuierlich an. Es gibt einen Aufwuchspfad, der moderat ist. Und den hätte es, lieber Kollege Hofreiter, auch schon vorher gegeben: Ein Jahr nach Einführung wäre der Preis dann schon bei 20 Euro gewesen, am Ende wäre er maximal bei 60 Euro gewesen. - Das wird allerdings immer verschwiegen. Wir erhöhen den Einstiegspreis jetzt - wir machen es aber moderat - und geben gleichzeitig am Anfang eben auch Anreize für den Umstieg auf klimafreundliche Technologien. Und am Ende bildet sich der Preis am Markt.

Dass der Emissionshandel das richtige Instrument ist, hat der europäische Emissionshandel schon unter Beweis gestellt. Er ist innovativ, er ist marktwirtschaftlich, und wir können dadurch die CO2-Emissionen nachhaltig senken. Das ist im Bereich „Industrie und Energie“ gelungen. Auch durch den europäischen Emissionshandel können wir jetzt allen Unkenrufen zum Trotz unser Klimaziel bis Ende 2020 erreichen. Das ist auch ein Erfolg dieser Bundesregierung, meine Damen und Herren, und des Bundestages.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Mindrup (SPD) - Zuruf der Abg. Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir führen ein Emissionshandelssystem ein, geben CO2 einen Preis. Das ist die Alternative zu Verboten. Was hatten die Grünen ursprünglich gefordert? Verbote: ein frühzeitiges Verbot des Verbrennungsmotors - am liebsten schon ab sofort; Verbot der Ölheizung - ab sofort.

(Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das mit „ab sofort“ haben Sie verwechselt! Jetzt fordert Söder 2035! - Zuruf des Abg. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir bieten einen anderen Weg: Wir fördern die Menschen. Wir unterstützen sie durch klimafreundliche Autos und durch umweltschonende Heizungssysteme, die wir fördern.

Und die Menschen planen den Umstieg. Die Bepreisung, die angekündigt ist und ab 2021 greift, wirkt schon jetzt. Die Menschen beantragen diese Fördermittel. Die Anzahl der bewilligten Anträge ist massiv gestiegen. Man sieht also jetzt schon, dass das System der Bepreisung besser funktioniert als Verbote. Das ist unsere Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Zuruf der Abg. Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Deutschland ist Vorbild und Vorreiter beim Klimaschutz. Das stellen wir auch mit der CO2-Bepreisung und dem Emissionshandelssystem für Wärme und Verkehr unter Beweis. Und wir haben in Europa eine Bewegung in Gang gesetzt. Ich bin stolz darauf - und da könnte sich die FDP eigentlich auch einmal mit freuen -, dass Ursula von der Leyen jetzt angekündigt hat, den europäischen Emissionshandel auszuweiten.

(Dr. Lukas Köhler (FDP): Sage ich doch!)

Die Europäische Union prüft eine Ausweitung auf die Bereiche Luft- und Seeverkehr sowie auf die Sektoren Gebäude und Verkehr. Schon Mitte nächsten Jahres soll es dazu einen Gesetzgebungsvorschlag der Europäischen Union geben. Das ist auch ein Erfolg, den wir uns in Deutschland ein Stück weit auf die Fahnen schreiben können; denn wir haben diese Bewegung in Gang gesetzt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mit dem europäischen Emissionshandel und seiner Ausweitung werden wir auch eine fairere Lastenverteilung bekommen; denn im Moment werden die Ziele zwischen den Mitgliedstaaten vor allen Dingen in dem Bereich diskutiert und verhandelt, der noch nicht dem Emissionshandel unterliegt. Mit der Ausweitung des europäischen Emissionshandels bekommen wir automatisch eine neue Lastenverteilung, und das ist der richtige Weg; denn auch die europäischen Partner müssen ihren Beitrag zu einem wirksamen Klimaschutz leisten.

Warum ist der Preis moderat? Was bedeuten die 25 Euro pro Tonne CO2 in 2021? Das bedeutet in der Anfangsphase einen Mehrpreis von 7 Cent pro Liter Benzin und 8 Cent pro Liter Diesel. Was fordern Fridays for Future? 180 Euro pro Tonne. Das würde einen Mehrpreis beim Benzin von 49 Cent pro Liter bedeuten, beim Diesel von 58 Cent pro Liter. Das wäre ein Preisanstieg beim Benzin um 40 Prozent, beim Diesel um 55 Prozent. Das wäre zu massiv! Wir steigen moderat ein; denn wir sind der Meinung, das ist der richtige Weg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was fordert die FDP? Sie fordert einen Preis, der sich von Anfang an frei am Markt bildet. Das wären dann auch über 100 Euro pro Tonne CO2.

(Dr. Lukas Köhler (FDP): Wie kommen Sie auf diese Zahl? Woher kommt diese Zahl?)

Was würde das bedeuten? Wahrscheinlich einen Mehrpreis von 30 Cent pro Liter. Das ist keine mittelstandsfreundliche Politik, die Sie vertreten; da müssen wir Sie immer wieder stellen, und das tun wir regelmäßig.

Wir entlasten auch die Unternehmen. Wir müssen das Augenmerk auf die Unternehmen lenken, die im europäischen Wettbewerb stehen. Deswegen bin ich froh, dass wir vonseiten des Bundestages durchgesetzt haben, dass es schon jetzt Eckpunkte gibt bezüglich des Carbon-Leakage-Schutzes.

(Dr. Lukas Köhler (FDP): Das Gesetz gilt schon in zwei Monaten! Jetzt Eckpunkte ist zu spät!)

Wir haben diese Eckpunkte deutlich verbessert. Auf europäischer Ebene hat die Erarbeitung der Carbon-Leakage-Listen vier Jahre gedauert. Wir haben das jetzt in einem Dreivierteljahr auf den Weg gebracht. Durch den Druck des Bundestages gibt es die Eckpunkte schon jetzt.

Und es gibt einen Entschließungsantrag, der vieles sicherstellt, zum Beispiel auch, dass es ein bürokratiearmes Verfahren gibt, dass die Unternehmen von Anfang an finanzielle Kompensation bekommen, über die Anfangsphase hinaus, und dass es auch keine Doppelbelastungen der Unternehmen gibt. Das ist der richtige Weg - das sollten auch die FDP und die übrige Opposition zur Kenntnis nehmen -,

(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött (CDU/CSU))

das ist der Ausgleich zwischen dem Klimaschutz auf der einen und der Wirtschaft auf der anderen Seite.
Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)