Rede im Deutschen Bundestag, 29. November 2018
Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU):
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Bewältigung des Klimawandels ist für uns eine zentrale Herausforderung, vielleicht sogar die zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Dieses Thema ist gerade durch die Extremwetterereignisse im Sommer in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Deswegen sagen auch wir: Ja, wir müssen Klimaschutz voranbringen. Wir müssen den Weg der Treibhausgasreduzierung kraftvoll beschreiten.
(Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Warum geht ihr ihn dann nicht?)
Wir sind gefordert, die entscheidenden Stellschrauben in die richtige Position zu drehen. Wir sagen aber, dass wir das nicht nur national machen können - das hat man gerade an der Rede von Herrn Hofreiter gemerkt -, sondern wir, sehr geehrter Herr Kollege Hofreiter, alle Ebenen brauchen, die internationale Ebene, auch die europäische Ebene. Dass wir unsere Hausaufgaben machen müssen, ist keine Frage, aber Klimapolitik nur durch die nationale Brille zu betrachten, das ist nicht die Art, wie wir Klimapolitik machen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU - Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sollen wir Vorreiter sein oder nicht?)
Denn wir wissen, dass Klimawandel nur wirksam bekämpft werden kann, wenn wir ihm weltweit entgegentreten. Wir müssen Vorbild sein, wir müssen unsere Hausaufgaben machen, aber wir brauchen auch die anderen Staaten der Welt. Deshalb ist der Prozess der internationalen Klimaverhandlungen der UN so wahnsinnig wichtig, und es ist entscheidend, dass wir aus Katowice mit einem Erfolg nach Hause gehen, also auf internationaler Ebene.
Worum wird es in Katowice gehen? Es wird darum gehen, robuste Regeln für die Umsetzung des Pariser Abkommens zu verabschieden. Es gilt, sicherzustellen, dass die Anstrengungen, die die Staaten machen wollen, dass die Ziele, die sie sich gegeben haben, transparent und vergleichbar sind. Das ist unglaublich wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit, für das Level Playing Field. Außerdem soll der Talanoa-Dialog angestoßen werden mit dem Ziel, den internationalen Klimaschutz zu verbessern, indem sich die Staaten immer weiter verbessern und ambitioniert vorangehen; denn die Beiträge - das gehört auch zur Wahrheit - reichen noch nicht,
(Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In Deutschland geht es nicht voran!)
um das 2-Grad-Ziel zu erreichen und erst recht nicht, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.
Nicht alle Staaten schaffen den Klimaschutz aber aus eigener Kraft. Seit Paris ist die Trennung zwischen den Industrieländern und den Entwicklungs- und Schwellenländern aufgegeben worden. Auch die Entwicklungs- und Schwellenländer haben sich eigene Ziele gesetzt, die sie erreichen wollen. Gerade in diesen Ländern steckt enormes Potenzial. In Afrika haben im Moment nur 20 Prozent der Menschen Zugang zu Elektrizität. Wenn es mehr werden, wird der Stromverbrauch zunehmen und der CO2-Ausstoß immens ansteigen.
Deswegen müssen wir genau hier mit der internationalen Klimafinanzierung ansetzen. Mit ihr leisten wir einen wichtigen Beitrag dazu, dass die Wirtschaft der ärmsten Länder der Welt von Anfang an klimafreundlich aufgebaut wird. Nur so können wir die internationalen Klimaziele schaffen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Jeder in den Entwicklungs- und Schwellenländern zielgerichtet eingesetzte Euro trägt zum Klimaschutz bei, hilft den Menschen vor Ort und auch dabei, klimabedingte Fluchtursachen zu bekämpfen. Das ist doch das Entscheidende.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
An dieser Stelle möchte ich Gerd Müller für seine hervorragende Arbeit in diesem Zusammenhang wirklich danken; denn er steht genau für diese Projekte. Dafür ein herzliches Dankeschön an Gerd Müller.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Von der internationalen Ebene zu Europa: Herzstück der europäischen Klimapolitik ist der europäische Emissionshandel. Wir haben jüngst eine Reform verabschiedet, die den Emissionshandel stärkt. Sie beinhaltet Verschärfungen für die vierte Handelsperiode. Aber die Reform wird schon jetzt antizipiert. Der Preis ist innerhalb eines Jahres deutlich auf derzeit rund 20 Euro angestiegen.
Das hat jetzt schon Auswirkungen auf den Preis der Kohle. Braun- und Steinkohle werden auch durch die Stärkung des Emissionshandels immer unattraktiver. Dieses funktionierende marktwirtschaftliche Instrument muss exportiert werden. Wir brauchen ein globales oder zumindest auf G-20-Ebene bestehendes umfassendes CO2-Bepreisungssystem im Sinne einer Vernetzung der Emissionshandelssysteme, die es schon gibt.
(Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Fangen Sie an!)
Da gibt es im Textentwurf für Katowice gute Anknüpfungspunkte in Artikel 6. Das ist gut so; denn wir müssen den Emissionshandel auf die internationale Ebene exportieren, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Mindrup (SPD))
Auch auf der nationalen Ebene
(Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Na, jetzt sind wir gespannt!)
müssen wir unsere Ziele konsequent weiterverfolgen. Die angestrebte Zielgröße von 40 Prozent bis 2020 haben wir nicht aufgegeben.
(Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die wollen Sie 2030 erreichen, oder wie?)
Sie fordert uns heraus, beherzt und gleichzeitig mit Augenmaß diese Ziele weiter anzustreben, auch wenn wir die Punktlandung bis 2020 nicht schaffen; das ist ganz klar.
(Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber stets bemüht!)
Aber wir wollen das 2020-Ziel so schnell wie möglich in den Jahren nach 2020 erreichen; denn wir müssen doch jetzt schon die Weichen für 2030 stellen. Dafür brauchen wir alle Sektoren. Daran arbeiten die Ministerien gerade. Das Wirtschafts- und Energieministerium, das Landwirtschaftsministerium, das Verkehrsministerium und auch das Bauministerium erarbeiten Beiträge für Maßnahmen im jeweiligen Sektor, um die Klimaziele zu erreichen.
Wir müssen es aber intelligent machen. Wir müssen die soziale Marktwirtschaft zur ökologisch-sozialen Marktwirtschaft weiterentwickeln. Dafür brauchen wir Anreize und Technologieoffenheit. Wir wollen die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung endlich auf dem Tisch haben. Da werden wir bei Finanzminister Scholz nicht lockerlassen.
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss, bitte.
Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU):
Wir brauchen an dieser Stelle auch die Länder, die dem zustimmen und das dann auch umsetzen.
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)